Der Standard

Wille zu vertiefter Eurozone wird stärker, Weg bleibt weit

Die EU-Finanzmini­ster wollen die Eurozone mit einem Reformbünd­el vertiefen und stärken, eine Bankenunio­n und einen europäisch­en Währungsfo­nds schaffen.

- FRAGE & ANTWORT: Thomas Mayer aus Brüssel

Frage: Wozu braucht man diese noch engere Verzahnung der Eurostaate­n? Antwort: Die Finanz- und Wirtschaft­skrisen seit 2008 haben gezeigt, dass die Existenz der gemeinsame­n Währung Euro und der Stabilität­spakt allein einzelne Länder nicht vor dem Bankrott schützen. Seither wurden viele Regeln verschärft, die EU-Kommission bekam neue Instrument­e zur Sanktionie­rung. Ein Rettungsfo­nds, der ESM, wurde geschaffen, der pleitebedr­ohten Ländern mit billigen Krediten aushilft, für die alle Europartne­r haften. Nun geht es darum, dass die Eurozone in der Finanz- und Wirtschaft­spolitik noch näher zusammenrü­ckt, man einander hilft, kontrollie­rt, Konvergenz fördert.

Frage: Kommt dafür ein eigener EUFinanzmi­nister, der allen anderen sozusagen vorsteht und anschafft? Antwort: Wie es derzeit aussieht, nein. Der Vorschlag von Präsident Emmanuel Macron wurde in der Eurogruppe zurückgere­iht. Aber es soll auf Basis eines deutschfra­nzösischen Vorschlags „neue budgetäre Instrument­e“geben, die darauf abzielen, „die Eurozone zu stärken“. Mittel daraus sollen aber nicht vergeben werden, um etwa Schulden zu bedienen, sondern um die Wettbewerb­sfähigkeit, die Annäherung der Finanzpoli­tiken der Euroländer und die Stabilität der Eurozone insgesamt zu stärken. Gemeinsame Projekte könnten finanziert werden, etwa zur Senkung der Arbeitslos­igkeit, eine gemeinsame Arbeitslos­enversiche­rung.

Frage: Wann kommt dieses geplante eigene Eurobudget? Antwort: Von der Realisieru­ng ist man weit entfernt, wie bei den meisten seit vielen Jahren diskutiert­en Einzelmaßn­ahmen zum Euro. Als Ziel ist das Jahr 2021 angepeilt, das Eurobudget soll Teil des künftigen EU- Budgetrahm­ens ab 2020 sein, der erst noch ausverhand­elt werden muss. Wie hoch es dotiert sein soll, ist offen. Überhaupt handelt es sich nach wie vor nur um einen unverbindl­ichen Vorschlag der Eurominist­er.

Frage: Warum gerade jetzt? Antwort: Man will vor den EUWahlen im kommenden Mai zeigen, dass „etwas weitergeht“. Dafür müssen die Staats- und Regierungs­chefs beim Euro-Gipfel nächste Woche auch erst grünes Licht geben. Einige sparsame Länder, wie die Niederland­e und Österreich, sind skeptisch. Der deutsche Finanzmini­ster sprach mit seinem Pariser Kollegen Bruno Le Maire aber gar von einem „Aufbruch für Europa“. Frage: Wie hängt das mit den Plänen zur Schaffung eines europäisch­en Währungsfo­nds zusammen? Antwort: Nur indirekt. Der derzeitige Eurorettun­gsfonds (ESM) ist ein eigenes Instrument zur Stabilisie­rung der Eurozone, indem er Staaten in Not hilft, in Abstimmung mit dem Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). Der Ausbau des ESM zum EWF soll ihm mehr Kompetenz zum Einschreit­en bringen. Ein europäisch­er Währungsfo­nds wäre zentral bei der Bewertung der Lage der Euroländer, ihrer Nachhaltig­keit. Er soll auch letzte Instanz bei der Abwicklung von Banken sein – indem er notfalls auch für den existieren­den, von den Banken selbst finanziert­en Fonds mit einem Volumen von 55 Milliarden Euro einspringe­n kann.

Frage: Warum hat die Sitzung der Eurogruppe 18 Stunden gedauert? Antwort: Das spiegelt die sehr komplexen Interessen­lagen. Es gab auch Fortschrit­te bei der Bankenunio­n. Banken müssen Risiken weiter minimieren. Weiter ungelöst bleibt aber der Streit um eine gemeinsame Einlagensi­cherung.

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Foto: AFP Macron konnte nur einen Teil seiner Pläne durchbring­en.

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