Zentrales Medienimperium zu Orbáns Diensten
Ungarns Ministerpräsident bündelt Zeitungen, TV- und Radiosender und Onlinemedien in einer Stiftung
Ungarns rechtspopulistischer Ministerpräsident Viktor Orbán lässt Medienunternehmen, die über verschiedene, von ihm abhängige Businesskreise verstreut sind, in einer Hand bündeln. Vergangene Woche erfuhr die Öffentlichkeit, dass mehrere Hundert Presseerzeugnisse unter dem Dach einer „Mitteleuropäischen Presse- und Medien-Stiftung“vereint werden. Die bisherigen Eigentümer bringen ihre Besitzanteile als „Schenkung“ein. Das Projekt drohe der Medienvielfalt in Ungarn den Garaus zu machen, warnte der Journalistenverband Association of European Journalists (AEJ) am Dienstag. Unter der neuen zentralisierten Führung operieren unter anderem: die TVNachrichtensender Hír TV und Echo TV, das Regierungssprachrohr Magyar Idök, die Boulevardblätter Bors und Ripost, alle Lokalzeitungen, die Gratiszeitung Lokál, die Internetmagazine origo.hu und 888.hu und die Wochenzeitung Figyelö. Bei der Vereinheitlichung der Eigentümerstruktur spielt das Inhaltliche kaum eine Rolle. Schon bisher zeichnete alle in der neuen Stiftung zusammengefassten Medien aus, dass sie bedingungslos die Linie der Regierung Orbán vertraten. Unterschiede drückten sich nur in Nuancen aus.
Magyar Idök wirkt am offiziösesten. In diesem Blatt wurden zuletzt Kulturschaffende aus den eigenen Reihen angegriffen. So hat man etwa den Leiter des Budapester Petöfi-Literaturmuseums, Gergely Pröhle, nach einer derartigen Diffamierungskampagne entlassen. 888.hu ist wiederum ein schrilles Hetz-Medium, das den politischen Gegner zu erledigen trachtet. Figyelö bemüht sich mitzuhalten. Die letzte Ausgabe erschien mit einem Cover, das András Heisler, den Chef des jüdischen Dachverbands Mazsihisz, zeigt, auf den Geldscheine niederregnen – ein Klassiker unter den antisemitischen Klischeebildern. In Budapest war schon länger zu hören, dass Orbán die hohen Kosten, die intransparenten Geldabflüsse bei den über verschiedene Oligarchen verstreuten Propagandamedien satthatte. Rein geschäftlich sind diese eher Geldfresser. Sie müssen über fette Regierungsanzeigen subventioniert werden.
Bedingungsloser Diener
Als operativer Lenker der neuen Stiftung firmiert Gábor Liszkay. Der 62-Jährige ist Orbán total ergeben, gilt zugleich als eiserner Administrator und fähiger Geschäftsführer. Zuletzt war er formell Besitzer des Regierungsblattes Magyar Idök und des Senders Hír TV. Inhalte sind für ihn sekundär, er will nur bedingungslos seinem Herrn dienen. Nach Angaben des Branchenmagazins Kreatív entfallen auf die Medienunter- nehmen der neuen Stiftung jährliche Einnahmen in Höhe von 170 Millionen Euro. Damit konzentrieren sich in Liszkays Hand 16 Prozent des ungarischen Medienmarkts. Niemand in Budapest glaubt ernsthaft, dass die Medienregulierungsbehörde NMHH und das Wettbewerbsamt GVH, die demokratiegefährdende Medienkonzentrationen verhindern sollen, der Stiftung Steine in den Weg legen werden.
Orbáns Medienübermacht war und ist erdrückend. Die neue Stiftung fasst nur den Großteil der formal in Privatbesitz befindlichen Proregierungsmedien zusammen. Unter Kontrolle der Regierung stehen aber auch öffentlich-rechtliche Medien. Das Staatsfernsehen MTV ist zwar nicht so beliebt, erhält aber stets die Übertragungsrechte für MegaSportereignisse. Das staatliche Radio dringt bis ins letzte Dorf. Dort kann sich Orbán auf eine besonders treue Wählerschaft stützen.