Der Standard

Der Motor stottert

- Thomas Mayer

Immer wenn sich EU-Staaten bei der Umsetzung hehrer Ziele besonders schwer tun, greifen deren Repräsenta­nten ganz tief in die Trickkiste der politische­n Schönfärbe­rei. Diese Rolle fiel nun dem deutschen Finanzmini­ster zu. Olaf Scholz hatte in Brüssel die undankbare Aufgabe, den letzten Ministerra­t vor einem entscheide­nden EUBrexit-Gipfel nächste Woche als Erfolg zu verkaufen.

Das Problem dabei: Die Finanzmini­ster hatten nicht nur das Projekt einer EU-Finanztran­saktionsst­euer de facto beerdigt und bei der Digitalste­uer mehr Differenze­n festgestel­lt als Übereinsti­mmung. Auch beim wichtigste­n deutsch-französisc­hen Entwicklun­gsprojekt seit der Wiedervere­inigung, bei der Währungsun­ion, klemmt es.

Seit Jahren versucht man neben der Staatskris­enbewältig­ung endlich auch die nötige Vertiefung der Finanzpoli­tik als Gegenstück zur Geldpoliti­k voranzubri­ngen. Paris drängt unter Emmanuel Macron vehement darauf.

Aber Berlin stellt sich weitgehend taub. Damit nicht der Eindruck entsteht, der deutsch-französisc­he Motor sei abgestorbe­n, legten Scholz und sein französisc­her Kollege Bruno Le Maire „neue“Pläne für ein eigenes Eurobudget ab 2021 vor. Es ist zwar unklar, wie hoch das sein soll, wofür genau es verwendet werden soll, wer es warum vergibt. Aber das macht nichts. Laut Scholz sein ein „Durchbruch“gelungen, ein „Aufbruch für Europa“, in einer „Sternstund­e“. Es ist banaler: Der Motor stottert.

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