Wirtschaftsexperte will für mehr Profil sorgen
Außerordentlich schnell war Friedrich Merz. Die meisten CDU-Mitglieder hatten am 29. Oktober die Ankündigung von Angela Merkel, den CDU-Vorsitz aufgeben zu wollen, noch gar nicht mitbekommen, da ließ der Exfraktionschef (2000–2002) schon via Bild und FAZ lancieren, dass er bereit sei, die Nachfolge anzutreten.
Die acht Regionalkonferenzen vor dem Parteitag haben gezeigt, dass er an der Basis gut ankommt. Für den eloquenten Merz spricht seine Wirtschaftskompetenz, er ist bestens vernetzt und hat als Anwalt nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag (2009) viele Erfahrungen außerhalb der Politik gesammelt. Er gilt als Vertreter des konservativen Flügels, der sich von Merkel seit Jahren vernachlässigt fühlt und daher auf Merz setzt – ebenso wie jene, die hoffen, dass sich die Union mit einem neuen Chef wieder stärker von der SPD unterscheiden wird. Vielen gefällt, dass Merz auch außerhalb der Politik ein Leben hatte, sie spüren frischen Wind.
Doch genau dies werfen ihm seine Kritiker vor: Er habe die aktive Politik zu lange verlassen, zudem sei er für den US-Vermögensverwalter Blackrock und die HSBC-Bank tätig. Dass Merz erklärte, er zähle mit seinem Jahresgehalt von einer Million Euro und einem Privatjet zur deutschen Mittelschicht, irritierte ebenso.
Außerdem hält sich hartnäckig die Legende, der 63Jährige trete vor allem an, um sich an Merkel zu rächen, die ihn – gemeinsam mit dem damaligen CSUVorsitzenden Edmund Stoiber – im Jahr 2002 von der Fraktionsspitze vertrieben hatte.
Sollte er gewählt werden, will er mit Merkel, die ja bis 2021 Kanzlerin bleiben möchte, „vertrauensvoll“und „loyal“zusammenarbeiten. Doch daran glaubt kaum jemand. Mit Merz als neuem CDU-Chef sind Merkels Tage als Regierungschefin gezählt, er würde den Job dann wohl bald selbst übernehmen wollen.