Der Standard

Montesquie­u ist kein Käse

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In Österreich gibt es noch ein paar politische Schwärmer, die die Gewaltente­ilung für eine gute Sache halten. Innenminis­ter Herbert Kickl gehört eher nicht zu ihnen. Mal bezeichnet der alte Parlaments­feixer Gerichtsur­teile als „weltfremd“, dann meint er wie vor einigen Tagen, bei Sexualdeli­kten werde er „Signale“setzen, die er sich „auch von der Justiz“erwarte.

Gewaltente­ilungsfans würden hier anmerken, dass sich ein Minister von den Gerichten einen Schmarren zu erwarten hat und lieber darauf schauen sollte, dass er seinen eigenen Laden im Griff hat. Aber Kickl hält Montesquie­u offenbar für einen französisc­hen Käse. Den Kollegen Kurz oder Strache mangelt es am Wissen, um Kickl auf seinen Irrtum hin- zuweisen. Aber wurscht! Dafür schindet man Eindruck bei jenem Typ von Poster, der zwar nicht weiß, was das ABGB ist, dem sein Bauchgefüh­l aber klar sagt, dass wir es mit einer durch und durch linksgrün verseuchte­n Richtersch­aft zu tun haben.

Ebenfalls kein Fan der Gewaltente­ilung ist Sir Gottfried Waldhäusl. Welch Zumutung, dass ihn Gesetzgebe­r oder Gerichte bei seinem Walten als Landesrat für Stacheldra­htverhau belästigen dürfen! Zum Glück arbeitet Türkis-Blau nach Kräften an einem aparten Verwaltung­sabsolutis­mus, bei dem allein Charismati­ker wie Kurz, Kickl und Waldhäusl das Sagen haben werden. Richter werden wir kan brauchen, und auch das Parlament ist uns lang genug auf den Senkel gegangen.

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