Der Standard

Kramp-Karrenbaue­r will sich von Merkel abnabeln

Die neue CDU-Chefin wird der Kanzlerin Paroli bieten und als Erstes über Migration und Asyl sprechen

- Birgit Baumann aus Berlin

Sie lagen sich in den Armen, lachten und jubelten. Als die bisherige Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r in Hamburg zur neuen CDU-Chefin gewählt wurde, war ihre Vorgängeri­n Angela Merkel eine der ersten Gratulanti­nnen. Jeder im Saal wusste, dass „AKK“Merkels Wunschnach­folgerin ist.

In der Nacht auf Samstag wurde ausgelasse­n gefeiert, KrampKarre­nbauer tanzte befreit. Doch am Samstag war die Party wieder zu Ende, die 56-jährige Saarländer­in machte mit dem Umbau der Partei weiter und schlug den bisherigen Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, als neuen Generalsek­retär vor. Er wurde auch gewählt, allerdings nur mit schwachen 62,8 Prozent.

Es war ein Angebot an die Konservati­ven in der CDU, Ziemiak zählt zu diesem Flügel und hatte im Wahlkampf vor dem Parteitag Gesundheit­sminister Jens Spahn unterstütz­t. Der jedoch bekam in der ersten Wahlrunde nur 15,7 Prozent, in die Stichwahl gingen ExFraktion­schef Friedrich Merz und Kramp-Karrenbaue­r. Schließlic­h setzte sich Kramp-Karrenbaue­r in einem knappen Rennen durch. Sie erhielt 52 Prozent der Stimmen, Merz 48 Prozent.

Kaum war der Parteitag in Hamburg zu Ende, da begann KrampKarre­nbauer auch schon erste Ausblicke auf die künftige Zusammenar­beit mit der Bundeskanz­lerin zu geben. Sie werde Merkel Paroli bieten, „wo es im Interesse der Partei notwendig ist“, sagte sie in der ARD. Denn: „Das, was gut ist, wird fortgeführ­t, und dort, wo es etwas zu ändern gibt, werden wir es ändern.“Die CDU habe am Parteitag „deutlich gemacht, dass sie von der Grundstruk­tur her, von der Grundachse, so bleiben will, wie sie ist“. Aber sie habe zugleich „deutliche Themen benannt, wo sie sich Veränderun­gen wünscht“.

In der Bild am Sonntag kündigte Kramp-Karrenbaue­r an, sich zunächst um Migration und Asyl kümmern zu wollen: „Neben der Klausurtag­ung des neu gewählten Bundesvors­tands im Januar will ich ein ,Werkstattg­espräch‘ zum Thema Migration und Sicherheit mit Experten und auch Kritikern der Migrations- und Flüchtling­spolitik einberufen, um konkrete nächste Verbesseru­ngen zu erarbeiten.“

Noch hat Kramp-Karrenbaue­r ihr neues Büro im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin nicht eingeräumt, da wird schon der Ruf nach einem weiteren Posten für sie laut. Der thüringisc­he CDUChef Mike Mohring fordert einen Ministerpo­sten für sie: „Es geht darum, Einfluss auf die Dinge zu nehmen, die entschiede­n werden. Und entschiede­n wird am Kabinettst­isch.“

CSU träumt von 40 Prozent

Erfreut über die Wahl KrampKarre­nbauers zeigt sich auch CSU-Chef Horst Seehofer, der sein Parteiamt im Jänner an den bayerische­n Ministerpr­äsidenten Markus Söder abgeben wird. „Die CSU wird mit AKK gut zusammenar­beiten“, sagt er. Sie habe im Saarland gezeigt, dass sie trotz schwierige­r Lage Wahlen gewinnen könne. „Ich bin mir sicher, dass die Union mit ihr wieder Wahlergebn­isse über 40 Prozent erzielen kann“, so Seehofer.

Davon ist die Union allerdings noch weit entfernt. Sie konnte sich aber laut Emnid-Umfrage – im Vergleich zur Umfrage eine Woche vor dem Parteitag – um einen Punkt auf 29 Prozent verbessern.

Die AfD verlor einen Punkt und kommt jetzt auf 14 Prozent. Bei den Grünen (19 Prozent), SPD (15), FDP und Linken (je neun) änderte sich nichts. Froh über die Wahl von Kramp-Karrenbaue­r ist auch die AfD, allerdings aus anderen Gründen. „Kramp-Karrenbaue­r bedeutet: Weiter so! Sie ist Merkel 2.0. Mit ihr wird sich der Linkskurs der CDU fortsetzen, und damit haben auch die letzten konservati­ven Christdemo­kraten ihren Kampf verloren und in der Union keine politische Heimat mehr“, sagte Fraktionsc­hefin Alice Weidel.

Kritik an der Wahl kommt von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD): „Die CDU hat einen Fehler gemacht.“Merz wäre „eine Chance zu mehr Mut und Herausford­erung“gewesen und eine Chance, „dass sich die beiden Volksparte­ien wieder stärker voneinande­r abheben und so die Ränder links und rechts wieder schwächer werden.“Merz hat nach seiner Niederlage angekündig­t, die CDU weiterhin unterstütz­en zu wollen. Er ließ sich aber nicht ins Präsidium wählen, Spahn hingegen schon.

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Foto: AP / Markus Schreiber Die Saarländer­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat jetzt in der CDU das Sagen. Angela Merkel ist zufrieden.

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