Der Standard

Mutiger Vorstoß

- Verena Kainrath

Wer online sein Geschäftsg­lück versucht, kommt an Amazon nicht vorbei. Der Konzern beherrscht und reguliert den Zugang zum Webhandel. Wer sich seinen Vertragsbe­dingungen nicht beugt, kann die eigene Ware wieder einpacken. Auch Österreich­s Händler spüren seinen heißen Atem im Genick. Ihre Hoffnung, dass die Politik Waffenglei­chheit herstellt, hat sich längst zerschlage­n.

Die Offensive des Handels, der sich nun mit einer Beschwerde bei der Bundeswett­bewerbsbeh­örde gegen mutmaßlich unlautere Geschäftsp­raktiken wehrt, ist mutig. Es ist keine anonyme Beschwerde, auf die das Kartellamt reagiert. Dahinter stehen Unternehme­n, die einiges zu verlieren haben. Fraglich ist aber, ob der Vorstoß nicht um Jahre zu spät kommt – und ob er Aussicht auf Erfolg hat.

Das Internet neigt zur Oligopolbi­ldung. Das Rad der Zeit zurückzudr­ehen ist angesichts der Dominanz des Platzhirsc­hen quer über die gesamte Wertschöpf­ungskette hinweg fast unmöglich. Schließlic­h kauft sich Amazon bereits in den stationäre­n Handel ein und übt sich mit dem Sprung in den Paketversa­nd in der harten letzten Meile.

Das Kartellrec­ht ist als scharfe Waffe dennoch nicht zu unterschät­zen. Und es schafft Bewusstsei­n dafür, was erlaubt ist und was nicht. Der Handel tut gut daran, sich an die Behörden zu wenden, denn auf die Konsumente­n ist kein Verlass. Die nach wie vor boomenden AmazonUmsä­tze zeigen: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.

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