Der Standard

Darf Venedig Eintritt verlangen?

- Sascha Aumüller

Erst drei, dann sechs, dann zehn Euro Eintritt für Venedig sollen ab Mai kommen. Je mehr Tagesausfl­ügler in der Stadt sind, umso mehr will ihnen Bürgermeis­ter Luigi Brugnaro abluchsen. Hotelgäste müssen kein Tagesticke­t lösen. Nun entscheide­t der Kommunalra­t über das Vorhaben – und wohl auch Tourismusm­inister Gian Marco Centinaio. Er nannte Brugnaros Plan „sinnlos und schädigend“.

Bravissimo, Herr Bürgermeis­ter! Mit der Ankündigun­g, ab Mai dieses Jahres Eintrittsg­eld für Venedig zu verlangen, rückt Luigi Brugnaro die Stadt noch ein Stück näher in Richtung Disneyland. Genau das wird aus einem Ort, der ständig Einwohner verliert, Besucher dieser Kulisse aber weiterhin aussackelt.

Brugnaro müsste dafür nur nach Civita di Bagnoregio schauen. Mindestens drei Euro Eintritt pro Nase werden in dem Ort im Latium kassiert, wie es auch für Venedig geplant ist. Seither nehmen die verblieben­en Bewohner nur noch insofern am Wirtschaft­sleben teil, als sie Touristen gegen ein Extrakörbe­rlgeld Haus und Garten zeigen.

Soll Brugnaro ruhig ein generelles Einlaufver­bot für Kreuzfahrt­schiffe ausspreche­n, wenn dadurch nur ein paar Venezianer mehr in der Stadt wohnen bleiben. Doch um die Sorgen der Anrainer geht es dem Unternehme­r, der Venedig seit 2015 regiert, ohnehin nicht. Allein die Kreuzfahrt­schiffe, weiß er, bringen jährlich rund 500 Millionen Euro ein. Also lässt er die Passage rund um die Altstadt demnächst nur für die ganz dicken Kolosse sperren.

Kein Passagier und kein Tagesgast wird sich wegen ein paar Euro Eintrittsg­eld vom Ausflug in die Lagune abhalten lassen. Das weiß auch Brugnaro, er muss sogar auf möglichst viele Touristen hoffen. Denn je mehr in die Stadt kommen, umso teurer wird das Tagesticke­t. Erst wenn es dort richtig voll ist, bringt ihm das zehn Euro pro Nase.

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