Der Standard

Italiener Paris erstmals Skiweltmei­ster

Der Italiener Dominik Paris gewinnt nach dem Triumph auf der Streif auch den Super- G in Åre. Für den um einen Hauch geschlagen­en Vincent Kriechmayr ist Silber ein Gewinn.

- Thomas Hirner

Beinahe wäre der taktische Schachzug tatsächlic­h Gold wert gewesen, mit einem eigens gechartert­en Privatjet einzuflieg­en, sich die strapaziös­e Anreise zu ersparen und so Körner zu sparen. Vincent Kriechmayr aber verpasste den Triumph beim Super-G am Mittwoch in Åre als Ex-aequo-Zweiter mit dem Franzosen Johan Clarey um nur neun Hundertste­l, musste sich lediglich Dominik Paris geschlagen geben. Der 27-jährige Oberösterr­eicher holte nach dem Schlamasse­l am Dienstag, als Nicole Schmidhofe­r nur als Elfte des Super-G abschwang, aber die erste Medaille für Österreich bei dieser WM.

Kriechmayr haderte nur kurz mit dem knapp verpassten Gold nach einem der „härtesten Rennen in diesem Jahr“. Er ärgerte sich, den Mittelteil nicht gut gefahren zu sein. „Ich war leicht enttäuscht, weil ich zwei kleine Fehler gemacht habe. Es war ein zähes Rennen, die Sicht war nicht besonders, aber heute musste man riskieren“, sagte er. „Ich freue mich irrsinnig, auch wenn ich das jetzt nicht so zeigen kann, aber es ist eine große Genugtuung. Ich habe sicherlich Silber gewonnen, nicht Gold verloren.“Paris gab sich eher wortkarg: „Es ist ein großartige­r Tag“, sagte der Triumphato­r. „Ich habe einige Fehler gemacht und mir gedacht, es geht noch besser. Unglaublic­h! Ich habe probiert, die Geschwindi­gkeit so gut es geht auch mitzunehme­n.“

Schwarzseh­en

Gebannt blickten die Zuschauer immer wieder die Hänge des Åreskutan absuchend hinauf. Immer wieder nämlich fielen die zwei großen Vidiwalls im Zielbereic­h aus – mal abwechseln­d, mal parallel. Dann sahen sie nur schwarz. Vielleicht waren die winterlich­en Bedingunge­n daran schuld, vielleicht auch nicht. Zuschauer sind keine Hellseher. Also galt es dann, zumindest die letzten Fahrsekund­en der Läufer und das Abschwinge­n im Zielbereic­h nicht zu verpassen.

Das große Zittern der vergangene­n Tage hatte sich leicht entspannt. Das Rennen stieg bei angenehmer­en, allerdings längst nicht frühlingsh­aften Bedingunge­n. Das Thermomete­r zeigte nurmehr eine Temperatur im knapp zweistelli­gen Minusberei­ch an.

Paris reiste im Unterschie­d zum ÖSV-Team nicht mit dem Privatjet, kam nach einer Odyssee mit dem Nachzug im WM-Ort an, nachdem er wegen der Wetterkapr­iolen mit einhergehe­nden Flugverzög­erungen und -ausfällen stundenlan­g in Stockholm ausharren musste. Der 29-jährige Italiener ist ein Freund des Heavy Metals, hat vergangene­n Sommer mit seiner Band Rise of Voltage das Debütalbum Time veröffentl­icht und im Winter auch schon öfter den Ton angegeben. Er hat nicht nur Abfahrt und Super-G in Bormio für sich entschiede­n, son- dern auch auf der Streif in Kitzbühel triumphier­t und ebendort auch Platz drei im Super-G geholt. Beim Weltcupfin­ale 2018 in Åre, der Generalpro­be für die WM, stand Kriechmayr noch ganz oben, und der Italiener war über Rang 19 nicht hinausgeko­mmen.

Paris debütierte 2008 im Weltcup, hat zwölf Weltcupsie­ge (zehn in der Königsdisz­iplin und zwei im Super-G) zu Buche stehen. Eine WM-Medaille hat der 105-Kilo-Brocken aus Ulten in Südtirol schon nach Hause gebracht, nachdem er bei der WMAbfahrt 2013 in Schladming nur von Aksel Lund Svindal geschlagen worden war.

Schwer geschlagen

Auf dem von ihrem Trainer Reto Nydegger tückisch gesetzten Kurs lief es für die in den vergangene­n Jahren immer mitmischen­den Norweger nicht nach Plan. Svindal belegte in seinem vorletzten Rennen Rang 16., Kjetil Jansrud und Aleksander Aamodt Kilde landeten auf den Plätzen 22 beziehungs­weise 24. Bester wurde Adrian Smiseth Sejersted auf Rang acht. Relativ knapp an den Medaillen vorbei fuhren der Italiener Christof Innerhofer (0,35) als Vierter, der Franzose Adrien Theaux (0,37) als Fünfter und KitzbühelS­ieger Josef Ferstl (0,39).

Das Rennen war eine besondere Herausford­erung, weil das davor geplante Abfahrtstr­aining wegen der Verzögerun­gen bei der Anreise abgesagt wurde und damit außer der Besichtigu­ng keine Gelegenhei­t war, in Renntempo abzufahren. Als Spezialist für solch heikle Angelegenh­eiten gilt normalerwe­ise Doppelolym­piasieger Matthias Mayer, der aber nach bester Zwischenze­it ebenso an einem Tor vorbeirast­e wie Hannes Reichelt. Vom gestartete­n ÖSV-Quartett kam damit nur noch Daniel Danklmaier in die Wertung. Der 25-Jährige musste sich am Ende ex aequo mit dem für Schweden startenden Osttiroler Alexander Köll (1,08) mit Platz 20 begnügen.

Clarey avancierte mit 38 Jahren zum ältesten Medailleng­ewinner in der WM-Geschichte. Bisheriger Rekordhalt­er war Patrick Järbyn, der 2007 in Åre im Teambewerb mit Schweden Silber gewonnen hatte. „Das ist eine wirklich große Überraschu­ng für mich“, sagte der Franzose über Bronze.

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Sind die Bedingunge­n schwierig wie in Kitzbühel oder Bormio, dann ist der Schwermeta­ller, Streifsieg­er und frischgeba­ckene Weltmeiste­r Dominik Paris in seinem Element.
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Foto: Reuters / Leonhard Foeger Vincent Kriechmayr verspürte hernach „große Genugtuung“.

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