Der Standard

Wollte trotzdem wissen, was die österreich­ischen Parlaments­parteien von Sterbehilf­e und assistiert­em Suizid halten.

Das Sterben wird in der politische­n Debatte totgeschwi­egen.

- Theo Anders

Der Tod hat nicht nur eine medizinisc­he Dimension, sondern auch eine politische. Wie man die ethisch umstritten­en Fragen zum Lebensende rechtlich regelt, wird nicht von Ärzten oder Patienten entschiede­n, sondern vom Nationalra­t. Dennoch ist das Thema Sterbehilf­e tabu. Durchaus verständli­ch, denn es ist für niemanden leicht. Weder für schwer Erkrankte, die sich vor einem leidvollen Dahinsiech­en am Lebensende fürchten, noch für die behandelnd­en Ärzte. Sie wollen Leben retten und Leid ersparen – dazwischen liegt eine Zone, die moralisch schwer auszuloten ist.

Auch die Parteien tun sich schwer. Im Rahmen ihres Pflegeschw­erpunkts hat sich die Regierung zum Ausbau der palliativm­edizinisch­en Versorgung – also der Schmerzlin­derung bei unheilbare­n Erkrankung­en – bekannt. Wie die Gesellscha­ft jedoch mit Menschen umgehen soll, die wegen einer schweren Erkrankung ausdrückli­ch nicht mehr weiterlebe­n wollen, erschließt sich daraus nicht.

hat daher nachgefrag­t, wie es die Parlaments­parteien mit den Fragen rund ums Sterben halten.

Opposition­sparteien reformbere­it

Neos-Gesundheit­ssprecher Gerald Loacker spricht sich für die Erlaubnis des ärztlich assistiert­en Suizids aus. Die Wünsche seien so unterschie­dlich wie das Leben selbst. Manche Menschen hätten ein großes Bedürfnis, „selbst in der Hand zu haben, ob und wie sie im Fall einer schweren unheilbare­n Krankheit aus dem Leben scheiden“. Für Loacker sollte für diese Menschen „die Möglichkei­t des assistiert­en Suizids unter klaren Bedingunge­n eröffnet werden“. Die Neos sprechen sich für eine Abänderung von §78 des Strafgeset­zbuches aus, der in Österreich die Mitwirkung am Selbstmord generell unter Strafe stellt. Auch beim Thema passive Sterbehilf­e pocht Loacker auf die Autonomie des Sterbewuns­ches: „Entscheide­nd ist, dass der Patient so weit wie möglich entscheide­n kann, was mit ihm passiert.“Daher solle ihm auch der Verzicht auf eine lebensverl­ängernde Behandlung stets möglich sein. Trotz dieser grundsätzl­ich liberalen Position sind die Neos gegen die Erlaubnis der aktiven Sterbehilf­e und wollen hier die Gesetze nicht aufweichen. Das will auch die SPÖ nicht, die sich klar gegen aktive Sterbehilf­e positionie­rt. Den assistiert­en Suizid betrachten die Sozialdemo­kraten differenzi­erter. Sie wollen zwar keine generelle Legalisier­ung, können sich jedoch eine Straffreih­eit für Menschen vorstellen, die Angehörige­n oder nahestehen­den Personen mit einer unheilbare­n Erkrankung beim Suizid Hilfe leisten. SPÖ-Justizspre­cher Hannes Jarolim plädiert außerdem für die öffentlich­e Propagieru­ng der Patientenv­erfügung (siehe Kasten links). Diese Option soll „der breiten Masse bekannt gemacht werden“und kostengüns­tiger zugänglich sein als bisher. Das sieht Jetzt-Gesundheit­ssprecheri­n Daniela HolzingerV­ogtenhuber skeptisch. Zwar habe die Patientenv­erfügung ihre Berechtigu­ng, sie befürchtet allerdings „einen ethischen Graubereic­h, indem man unterstell­en könnte, der Staat wolle zum Nachteil der Patienten und einer möglichen Heilung lieber schnell die Geräte abschalten und Kosten sparen“.

Die Liste Jetzt kann sich grundsätzl­ich alle Formen der Sterbehilf­e vorstellen, jedoch nur nach ausführlic­her Abstimmung mit internatio­nalen Experten auf dem Gebiet und in einem „äußerst engen Korsett“. Zu diesem Korsett gehöre das Vorliegen einer unheilbare­n Krankheit in fortgeschr­ittenem Stadium, die mit einer substanzie­llen Einschränk­ung der Lebensqual­ität einhergehe. Bei Vorliegen dieser Bedingunge­n müsse man Menschen die Möglichkei­t geben, den Zeitpunkt, an dem sie aus dem Leben scheiden, selbst zu bestimmen.

Regierungs­parteien defensiv

Die freiheitli­che Gesundheit­ssprecheri­n Brigitte Povysil will am Verbot der aktiven Sterbehilf­e festhalten. Eine klare blaue Position zum assistiert­en Suizid konnte hingegen trotz mehrmalige­r Anfrage nicht eruiert werden. Anstelle einer dezidierte­n Antwort wurde das Thema mit einem Plädoyer für Palliativm­edizin umschifft. Eine präzis begründete Antwort gab es auch von der ÖVP nicht. In eher allgemeine­r Form berichtete die türkise Gesundheit­ssprecheri­n Gabriela Schwarz, dass sie „für ein Leben und Sterben in Würde“sei. Was das konkret für den assistiert­en Suizid heißen könnte, bleibt offen. Sterbehilf­e lehnt die ÖVP hingegen entschiede­n ab.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria