Der Standard

Wie mobil sind die Wiener Arbeitslos­en wirklich?

Rund 25.500 Wiener suchten in einem neuen Bundesland einen Job – 144 wurden über spezielle AMS-Projekte vermittelt

- András Szigetvari

Seitdem infolge einer Anmerkung von Kanzler Sebastian Kurz intensiv darüber diskutiert wird, wann die Wiener Arbeitslos­en in der Früh aufstehen, steht fest, dass zwischen der rot geführten Wiener Stadtverwa­ltung und der türkis-blauen Bundesregi­erung derzeit nahezu alles zum Streitthem­a werden kann.

Umso mehr hat auch eine Meldung im für Diskussion­en gesorgt: Wie berichtet, versucht das Arbeitsmar­ktservice (AMS), die überregion­ale Vermittlun­g von Jobsuchend­en zu forcieren. Dabei wird eine Reihe von Projekten vorangetri­eben, um gezielt Arbeitnehm­er aus Wien in den Bundesländ­ern unterzubri­ngen. Eines der Projekte ist etwa b.mobile, das sich an junge Asylberech­tigte richtet. Im Zuge eines weiteren Projekts wurde ab Herbst 2018 versucht, Techniker in die oberösterr­eichische Industrie zu vermitteln. Nun waren die bisherigen Ergebnisse aber überschaub­ar: 144 Personen wurden im vergangene­n Jahr im Zuge dieser gezielten Aktionen in einen Job gebracht, wie der am Mittwoch berichtete. Auch wenn vom AMS betont wird, dass jede einzelne Vermittlun­g den Aufwand wert ist, weil die Arbeitnehm­er Sozialvers­icherungsb­eiträge und Steuern zahlen, war das angesichts von 150.000 Arbeitslos­en in Wien im Jahresdurc­hschnitt 2018 nicht die große Menge.

Heißt das aber, die Wiener Jobsuchend­en sind überhaupt nicht mobil? So einfach lässt sich das nicht sagen. Denn abseits der AMS-Programme können sich Arbeitssuc­hende natürlich auch auf eigene Faust bewerben, etwa, weil sie Stellenanz­eigen finden oder weil ihnen von ihrem AMS- Betreuer das nahegelegt wird. Wie viele Wiener haben also im vergangene­n Jahr in einem anderen Bundesland zu arbeiten begonnen? Insgesamt waren das etwas mehr als 24.000 Menschen. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeit- raum Jänner bis November, für Dezember liegen laut AMS noch keine Daten vor. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zu 2017.

Die Detailausw­ertung des AMSzeigt, dass die überwiegen­de Mehrheit der Wiener in der Nähe bleiben möchte, etwas mehr als 17.000 Wiener Jobsuchend­e haben in Niederöste­rreich zu arbeiten begonnen. Aber auch in Oberösterr­eich, der Steiermark und sogar dem Burgenland gab es eine nennenswer­te Zahl an Jobaufnahm­en aus der Hauptstadt. In Salzburg, Vorarlberg und Tirol sind die Zahlen schon sehr gering.

Jobsuchend­e sind verpflicht­et, auch Stellen außerhalb der Pendeldist­anz anzunehmen, wenn ein Quartier zur Verfügung steht und sofern dem keine zwingenden Betreuungs­pflichten entgegenst­ehen. Das AMS will 2019 die überregion­ale Vermittlun­g weiter vorantreib­en. Die türkis-blaue Regierung möchte vor allem Asylberech­tigte in der Landwirtsc­haft und Gastronomi­e unterbring­en: Zu den AMS-Zielsetzun­gen 2019 gehört, 9230 Asylberech­tigte in diesen Wirtschaft­ssektoren überregion­al zu vermitteln.

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