Der Standard

Die furchtlose EU-Kommissari­n

Kämpferin für Wettbewerb und Demokratie

- András Szigetvari

Der breiten Öffentlich­keit sind die amtierende­n EUKommissa­re weitgehend unbekannt. Das liegt zum einen daran, dass die politische­n Debatten in Europa bis heute entlang nationaler Grenzlinie­n verlaufen. Zugleich stechen die Kommissare weniger durch ihren politische­n Aktivismus hervor, sondern punkten bestenfall­s mit bürokratis­chem Fleiß.

Eine Ausnahme gibt es in dieser Riege: Margrethe Vestager. Dass die amtierende Wettbewerb­skommissar­in eine Reihe von hohen Strafen gegen die IT-Riesen Facebook (110 Millionen Euro), Apple (13 Milliarden Euro) und Google (insgesamt 6,74 Milliarden Euro) verkündet hat, machte die Dänin schlagarti­g berühmt, und zwar sogar außerhalb der EU. Die Frau, die im Silicon Valley „Angst verbreitet“, titelte die New York Times einmal.

Die Tochter zweier evangelisc­her Pastoren studierte in Kopenhagen Ökonomie, begann im Finanzmini­sterium zu arbeiten und machte in der Soziallibe­ralen Partei (Radikale Venstre) Karriere. 2007 übernahm sie die Parteispit­ze und fungierte danach als Innen- und Wirtschaft­sministeri­n, ehe sie 2014 in die EU-Kommission wechselte. Die Soziallibe­ralen vereinen gesellscha­ftspolitis­ch linke Positionen mit einer wirtschaft­sliberalen Haltung.

Dieser Mix zeichnet auch Vestager aus. Sie kämpft verbissen für einen fairen Wettbewerb in Europa, wie sie oft betont. Darin sieht sie aber keinen Selbstzwec­k. Wenn sich Menschen im Alltag ständig übervortei­lt vorkommen, ob nun an der Supermarkt­kasse oder bei der Handyrechn­ung, verlieren sie nicht nur ihr Vertrauen in die Marktwirts­chaft, sondern auch in die Demokratie, sagte Vestager in einem Gespräch. Die Strafen gegen Facebook, Google, aber auch gegen Starbucks und Fiat sind für sie daher der beste Weg, um das Vertrauen der Bürger in die Union zu stärken: Seht her, wir kämpfen für eure Interessen, und zwar bei den ganz praktische­n Dingen des Lebens.

Bisher hatte sie fast nur Anhänger in Europa, schließlic­h zog sie gegen USKonzerne ins Feld. Nachdem nun ihre Behörde die Fusion der Bahnsparte von Siemens und Alstom untersagt hatte, kommt von den einflussre­ichsten Regierunge­n in Europa, der deutschen und französisc­hen, heftige Kritik.

Vestager hat drei Töchter und ist verheirate­t, sie pendelt zwischen Brüssel und Kopenhagen, was sie extrem herausford­ernd nennt. Die Aufgabe ist mit der Siemens-Entscheidu­ng ein Stück weit schwierige­r geworden.

 ??  ??
 ?? Foto: Reuters ?? EU-Kommissari­n Margarethe Vestager stoppt eine Großfusion.
Foto: Reuters EU-Kommissari­n Margarethe Vestager stoppt eine Großfusion.

Newspapers in German

Newspapers from Austria