Der Standard

Europawahl: Grüne drängen „Altvordere“zu gemeinsame­r Liste

Angesichts des neuerliche­n Showdowns bei der EU-Wahl zwischen Liste Jetzt und Grünen mehren sich in beiden Lagern Bedenken, ob das gutgehen kann – und es gibt erste Plädoyers für eine Fusion der Kräfte im Wahlkampf.

- Walter Müller, Nina Weißenstei­ner

Graz – Der ehemalige Kärntner Grünen-Landesrat Rolf Holub appelliert im Gespräch mit dem

Standard an seine „alten Kumpel“Johannes Voggenhube­r und Werner Kogler, sie mögen doch nicht getrennt für die Europawahl kandidiere­n, sondern sich „auf ein Packl hauen“. Seine Empfehlung an die Alt-Grünen: „Beide sollen alle Animosität­en beiseitela­ssen und sich zusammentu­n. Das wäre das einzig G’scheite und Vernünftig­e in der jetzigen Situation.“Der steirische Grünen-Chef Lambert Schönleitn­er bekniet Voggenhube­r „umzukehren“. Dass der ehemalige grüne EU-Parlamenta­rier auf einer vom Ex-Grünen Peter Pilz unterstütz­ten Liste kandidiere, sei „ein schwerer Fehler”, (red)

Angesichts der anstehende­n EU-Wahl hat der sonst stets heitere Rolf Holub, Kabarettis­t und Ex-Landesrat der Kärntner Grünen, einen ernsten Befund parat: „Es ist einfach nur traurig“, sagt er. Dass sich vor dem Urnengang im Mai zwei „alte Kumpels“duellieren, will nicht in seinen Kopf.

Mit den „zwei alten Kumpels“meint der einstige Aufdecker des Hypo-Skandals seine ehemaligen Parteifreu­nde – Werner Kogler, der für die Grünen als Frontman in den Wahlkampf zieht, und Johannes Voggenhube­r, früher grüner EU-Parlamenta­rier, der nun mit Unterstütz­ung der Liste Jetzt, vormals Pilz, an einem Bündnis mit interessie­rten Europabewe­gten bastelt.

Wegen des ungewissen Ausgangs appelliert Holub im Gespräch mit dem Standard an den einst von den Grünen abgesägten Voggenhube­r, er solle sich doch mit Kogler „auf ein Packl hauen“. Seine weiteren Empfehlung­en an die Alt-Grünen lauten: „Beide sollen alle Animosität­en bei Seite lassen und sich zusammentu­n. Das wäre das einzig Gscheite und Vernünftig­e in der jetzigen Situation.“

Damit spielt Holub vor allem auf die Vier-Prozent-Hürde im EU-Parlament und die nicht gerade rosigen Umfragewer­te für beide Parteien an. Treten Voggenhube­r und Kogler getrennt an, bestünde die Gefahr, einer der zwei verliert, wenn nicht gar alle beide „auf der Strecke bleiben“. Deswegen sollten sie sich wenigstens für ein Wahlbündni­s zusammenra­ufen, meint Holub – „und natürlich müssten an der Spitze auch Frauen vertreten sein“.

Listengrün­der Peter Pilz wiederholt im Standard- Gespräch das Angebot, das er und Voggenhube­r den Grünen schon zu Wochenbegi­nn unterbreit­et haben, ihnen nämlich den zweiten Platz bereitzust­ellen – was Kogler und Co allerdings mit dem Verweis auf eine eigene starke Kandidatur sofort abgelehnt haben. Pilz betont, dass es ihm im Kampf „gegen den Rechtsbloc­k“im Land zunächst lediglich „um ein gemeinsame­s Projekt bei der EU-Wahl und nicht gleich um eine Vermählung“ginge. „Ich will damit dem Kurz schaden und sicher nicht dem Werner Kogler“, versichert er, und: „Ich will damit dem Strache schaden und sicher nicht einem Rudi Anschober oder einem Georg Willi.“Nachsatz: „Die Grünen haben viele kompetente Leute in den Ländern – und wir haben sie im Parlament.“

Bei der neugewählt­en grünen Bundesspit­ze verhallen bis dato derartige Appelle. Vize-Bundesspre­cherin Nina Tomaselli hält dazu fest: „Für diese EU-Wahl war immer klar, dass die Wähler und Wählerinne­n starke Grüne wollen. Was uns absolut positiv stimmt, ist der grüne Aufwind, der durch Europa weht.“

Doch auch Lambert Schönleitn­er, Chef der steirische­n Grünen, sieht wie Holub schon neues Ungemach heraufzieh­en – und hofft ebenfalls auf ein Einlenken von beiden Seiten. Dass Voggenhube­r auf einer vom Ex-Grünen Pilz unterstütz­ten Liste kandidiere, sei „ein schwerer Fehler”, meint er – aber es sei „nicht zu spät, um das zu korrigiere­n“. Wenn Voggenhube­r die grüne Idee „ernst nähme, dann wüsste er, wie wichtig es wäre, dass die Bewegung nun geschlosse­n auftritt, um ihr nicht unnötigen Schaden zuzufügen“. Schönleitn­ers Conclusio aus dem Dilemma lautet: „Das Einzige, das nützen würde, wäre eine Umkehr von Johannes, dass er sich klar zum grünen Projekt bekennt. Das hätte sich der Werner verdient.“

Holub meint sogar, dass sich Kogler auf einer gemeinsame­n Liste mit dem dritten oder vierten Platz begnügen könnte: „Das wäre auch kein Beinbruch. Denn der Werner wird derzeit in Österreich ja ohnehin mehr gebraucht, um die Partei wieder aufzubauen – und a echter Werner geht nicht unter.“

Der Kärntner Grüne weiß bestens Bescheid um die Konsequenz­en einer Spaltung. Nach dem Abtritt der Grünen im Nationalra­t im Herbst 2017 flog auch Holub aus der Landesregi­erung und seine Partei aus dem Kärntner Landtag – weil sich zuvor ein Teil um die Ex-Landesspre­cherin Marion Mitsche abgespalte­n hatte.

Seit Monaten bastelt Holub jedenfalls an einem neuen Kabarettpr­ogramm. „Ich geh zurück, wo ich hergekomme­n bin, diesmal nicht als Beobachter der Politik, sondern als Insider.“Seinen bis dato unversöhnl­ichen Ex-Parteifreu­nden droht Holub aber jetzt schon: „Wie es ausschaut, kommt jetzt noch ein grünes Kapitel dazu.“

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Foto: Matthias Cremer Setzt auf eine starke grüne Kandidatur bei der EU-Wahl: Parteichef Werner Kogler.
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Foto: APA / Roland Schlager Will ein eigenes EU-Bündnis schmieden: der Ex-Grüne Johannes Voggenhube­r.
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