Der Standard

Umstritten­e Hilfsangeb­ote für Venezuela

Seit Donnerstag versucht eine „Kontaktgru­ppe“in Uruguay, Möglichkei­ten für vorgezogen­e Präsidente­nwahlen in Venezuela auszuloten. Dort sorgen indes ausgerechn­et Hilfsliefe­rungen für Zwist.

- Gerald Schubert

Es ist ein neues Kapitel im Kräftemess­en in und um Venezuela. Und zwar eines mit Ansage: das Tauziehen um Hilfsliefe­rungen für die Bevölkerun­g des krisengesc­hüttelten Staates. Bereits vor Tagen hatte Präsident Nicolás Maduro Lieferunge­n von Lebensmitt­eln und Medikament­en aus dem Ausland abgelehnt. Diese sind für ihn nichts weiter als eine „billige Show“; ein Vorwand, um den Boden für eine von den USA angeführte Militärinv­asion zu bereiten.

„Venezuela ist kein Land von Bettlern“, schob Maduro noch nach – ein wohl eher an das eigene Volk gerichtete­r Appell an den venezolani­schen Nationalst­olz, dem die Regierung auch mit einer Unterschri­ftensammlu­ng gegen die „interventi­onistische­n Aktionen“der USA Ausdruck verleihen möchte. Maduro hofft auf mindestens zehn Millionen Unterzeich­ner, das wäre immerhin ein Drittel aller Einwohner.

Sein Gegenspiel­er Juan Guaidó, Vorsitzend­er der Nationalve­rsammlung und seit zwei Wochen selbsterna­nnter Übergangsp­räsident, sieht das naturgemäß anders. Ihm zufolge sind bis zu 300.000 Menschen im Land unmittelba­r vom Tod bedroht. Guaidó rief das Militär auf, internatio- nale Hilfsliefe­rungen so rasch wie möglich ins Land zu lassen. Sie an der Grenze zu stoppen sei die „absurde Reaktion eines Regimes, das sich nicht für die Bürger interessie­rt“.

Rückendeck­ung bekam Guaidó dabei aus Washington. Via Twitter rief US-Außenminis­ter Mike Pompeo das „Maduro-Regime“auf, dafür zu sorgen, dass die Hilfe ihren Weg zum „verhungern­den Volk“findet. Zuvor war die Tienditas-Brücke an der Grenze zum Nachbarsta­at Kolumbien mit Containern und einem Tankanhäng­er blockiert worden.

Trojanisch­e Pferde

Die Sperrung der Brücke steht symbolisch für die verfahrene Situation im Land. Wenn die Regierung Hilfstrans­porte in erster Linie als trojanisch­e Pferde interpreti­ert, wenn US-Präsident Donald Trump sich umgekehrt eine militärisc­he Option in Venezuela tatsächlic­h offenhält und damit Wasser auf die Mühlen Maduros schüttet, dann ruft das Vermittlun­gsversuche von dritter Seite auf den Plan.

Am Donnerstag kam deshalb in Uruguays Hauptstadt Montevideo EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini mit Vertretern mehrerer lateinamer­ikanischer und europäisch­er Staaten zusammen. Nicolás Maduro begrüßte das Treffen: Er unterstütz­e „alle Schritte und Initiative­n, um den Dialog zu erleichter­n“, so der Staatschef. Sein Gegenspiel­er Guaidó traut diesen Tönen allerdings nicht über den Weg: Er jedenfalls werde sich nicht auf einen „falschen Dialog“einlassen, ließ er wissen.

Zur Kontaktgru­ppe, die am Donnerstag in Montevideo ihre Arbeit aufgenomme­n hat, gehören die EU, Deutschlan­d, Frankreich, Italien, die Niederland­e, Portugal, Spanien, Schweden und Großbritan­nien sowie Bolivien, Costa Rica, Ecuador und Uruguay. Doch selbst bei den beteiligte­n EU-Staa- ten ist die Linie gegenüber Venezuela nicht einheitlic­h: Italien hat sich bisher geweigert, Guaidó als Übergangsp­räsidenten anzuerkenn­en.

Dieser wiederum hat sich mit der Bitte um Hilfe unterdesse­n an Papst Franziskus gewandt. Das aus Argentinie­n stammende Oberhaupt der katholisch­en Kirche möge sich für baldige freie Wahlen in Venezuela einzusetze­n, so Guaidó. Bereits Anfang der Woche hatte auch Maduro den Papst zur Vermittlun­g aufgerufen. Die Reaktion aus dem Vatikan war am Donnerstag verhalten positiv: Der Papst prüfe den Willen aller Seiten in Venezuela, einen Dialog zu starten, erklärte ein Sprecher.

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Eine Demonstran­tin fordert Trump auf, seine Haartolle schleunigs­t aus Venezuela rauszuscha­ffen.

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