Corbyn stellt fünf Brexit-Bedingungen
Labour-Chef will May nur bei deutlich „weicherem“Ausstieg helfen
Der Chef der britischen Sozialdemokraten, Jeremy Corbyn, hat der britischen Premierministerin Theresa May in einem Brief am Freitag die Hilfe seiner Partei angeboten, einen Brexit-Deal mit der EU durch das britische Unterhaus zu bringen. Der Labour-Chef setzt dabei auf einen wesentlich „weicheren“Brexit als jenen, den der bisherige Plan Mays vorsieht. Konkret verlangt er eine Zollunion mit der EU und Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit und Justiz mit Brüssel. Insgesamt will er fünf Punkte umgesetzt wissen:
Zollunion Eine „permanente und umfassende“Zollunion mit der EU, mit gemeinsamen Außenzöllen und Mitspracherecht der Briten bei künftigen Handelsgesprächen. „Wie Sie wissen, bevorzugt die große Mehrheit der Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften eine Zollunion“, so Corbyn.
Binnenmarkt Eine „enge Angleichung“an den europäischen Binnenmarkt – mit gemeinsamen Institutionen und Verpflichtungen. Zudem solle man sich mit Brüssel auf verbindliche Wege zur Konfliktbereinigung in diesen Fragen einigen.
Rechte Eine „dynamische Angleichung“an Rechte und Schutzmaßnahmen der EU. Großbritannien solle die Standards der Union als Mindestmaß nehmen – und nicht versuchen, diese zu unterbieten.
EU-Programme Beteiligung an Finanzierungsprogrammen und Agenturen der EU, etwa bei Umweltfragen, Ausbildung und Industriestandards.
Sicherheit „Unmissverständliche“Vereinbarungen in Sicherheitsfragen. London müsse sich am europäischen Haftbefehl beteiligen und an gemeinsamen Datenbanken teilnehmen.
Der Plan Corbyns impliziert auch eine Verschiebung des Austrittstermins. Denn es ist fast ausgeschlossen, dass all die Forderungen bis zum geplanten Austrittstermin am 29. März ausverhandelt und beschlossen werden können.
Ohnehin ist es wenig wahrscheinlich, dass May auf das Angebot ihres Konkurrenten eingehen wird. Zwar scheint es denkbar, dass sich in ihrer Partei Zustimmung finden ließe – ob es sie in ausreichendem Maße geben würde, ist aber unsicher. Und schließlich ist auch nicht sicher, ob Corbyn für seine Vorschläge ausreichend eigene Labour-Abgeordnete begeistern könnte. Viele von ihnen würden ein weiteres Referendum oder überhaupt den Verbleib in der EU einem Brexit vorziehen. Corbyn hingegen wird nachgesagt, insgeheim einen Austritt aus der EU zu bevorzugen.