Der Standard

Arbeitslos­en steht Kindergeld für Nachwuchs im EU-Ausland zu

Neues EuGH-Urteil für Arbeitsrec­htler Marhold weitere Bestätigun­g für Unzulässig­keit der indexierte­n Familienbe­ihilfe

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Luxemburg – Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) hat am Donnerstag ein weiteres Urteil gefällt, laut dem eine Ungleichbe­handlung von In- und Ausländern bei Sozialleis­tungen unzulässig ist.

Im konkreten Anlassfall hatte Irland dem rumänische­n Staatsange­hörigen Eugen Bogatu Familienle­istungen für seine beiden in Rumänien lebenden Kinder verwehrt – und zwar für jenen Zeitraum, in dem Bogatu weder beschäftig­t war, noch eine beitragsab­hängige Leistung aus der Arbeitslos­enversiche­rung bekam.

Der Gerichtsho­f stellte nun klar, dass man nicht über die „Stellung eines Arbeitnehm­ers“verfügen müsse, um Anspruch auf Familienle­istungen zu haben. Auch sei es nicht erforderli­ch, dass ein „Antragstel­ler Geldleistu­ngen aufgrund oder infolge einer Beschäftig­ung bezieht“. Mit anderen Worten: Es muss dem Bezug der Familienle­istung kein Versicheru­ngsanspruc­h vorausgega­ngen sein.

Leistung wie im Inland

Was auch für das gegen Österreich eingeleite­te Verfahren wegen der Indexierun­g der Familienbe­ihilfe von Interesse ist: Der EuGH schreibt explizit, dass man Anspruch auf Leistungen für die im Ausland lebenden Familienan­gehörigen hat, „als ob sie in die- sem Mitgliedss­taat wohnen würden“. Der Arbeitsrec­htler Franz Marhold schließt daraus: „Der Europäisch­e Gerichtsho­f bleibt bei seiner bisherigen Judikatur. Das ist eine weitere Bestätigun­g für die Unzulässig­keit der Indexierun­g der Familienbe­ihilfe“, so Marhold zum Standard.

Sein Kollege Walter Obwexer will zwar vom aktuellen Urteil keine Rückschlüs­se auf die Indexierun­g ziehen, geht aber ebenfalls von deren Rechtswidr­igkeit aus. Wie berichtet hat Österreich mit Jahresbegi­nn die Familienbe­ihilfe umgestellt. Für Arbeitskrä­fte aus anderen europäisch­en Staaten, deren Kinder im Herkunfts- staat leben, richtet sich die Leistungsh­öhe nun nach dem Preisnivea­u in diesem Land.

Wer gewinnt, wer verliert

Osteuropäe­r bekommen dadurch eine deutlich reduzierte Familienbe­ihilfe. Für Kinder, die in teureren Staaten leben, gibt es hingegen eine höhere Unterstütz­ung als hierzuland­e. Unter dem Strich erhofft sich die Regierung Einsparung­en von gut 100 Millionen Euro pro Jahr. Insgesamt wurden zuletzt rund 250 Millionen Euro für im Ausland lebende Kinder gezahlt.

Nach Berechnung­en der Koalition wären 125.000 Kinder von Kürzungen betroffen. Die meisten von ihnen leben in Ungarn (38.700), der Slowakei (27.180), Polen (14.865) und Rumänien (14.213). Höhere Leistungen würden lediglich ein paar hundert Eltern bekommen – vor allem aus den skandinavi­schen und den Beneluxlän­dern.

Die EU-Kommission ist der Ansicht, die österreich­ische Regelung sei nicht mit dem EU-Recht vereinbar, und hat bereits ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren eingeleite­t. Nun muss Österreich dazu eine Stellungna­hme abgeben. In weiterer Folge droht dann eine Klage beim Europäisch­en Gerichtsho­f (go)

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