Der Standard

Flixbus nimmt die Abfahrt nach Russland

Das deutsche Fernbusunt­ernehmen Flixbus zieht es nach Russland. Derzeit ist der Konzern in Verhandlun­gen mit Partnern über das Geschäftsm­odell. In Russland sind nicht alle froh über die Neuankömml­inge.

- André Ballin

Vor dem Paweletzki Woksal, einem der sieben großen Moskauer Bahnhöfe, arbeitet noch die Mundpropag­anda: „Wer will noch mit dem Bus nach Saratow?“, ruft ein drahtiger, schwarzhaa­riger Mann mit Stoppelbar­t. „Nach Woronesch“, überschrei­t ihn sein Nachbar mit seinem Angebot. Der Markt für Fernbusfah­rten ist hart umkämpft. Offiziell gibt es 1372 reguläre Busunterne­hmen. 2015 waren es sogar noch 2400, doch die Krise und harte gesetzlich­e Vorgaben haben viele in die Pleite oder die Illegalitä­t getrieben.

Nun jedoch drängt ein neuer Konkurrent auf den Markt: Einem Bericht der Tageszeitu­ng Kommersant zufolge ist die deutsche Flixmobili­ty GmbH auf dem Sprung nach Russland. Das Unternehme­n, das bereits in 28 Ländern, darunter auch in Österreich, Fernverbin­dungen unter der Marke Flixbus unterhält, ist in Verhandlun­gen mit russischen Partnern und sucht Personal für den Aufbau seines Moskauer Büros.

Offiziell annonciert werden soll der Einstieg wohl am 21. Februar. Es gibt zwar schon eine russischsp­rachige Webseite, dort aber noch nicht die Möglichkei­t, Ziele in Russland zu buchen. Bislang gibt es somit auch noch keine Angaben zu möglichen Reiseroute­n. Als lukrativ gelten Busverbind­ungen von Moskau in größere Städte im Umkreis von 300 bis 500 Kilometern – vor allem, wenn es keine Bahnanbind­ung gibt. Diese Busse werden oft von Pendlern und fliegenden Händlern genutzt.

Flixbus schlägt dem Bericht folgendes Partnersch­aftsmodell vor: Der Konzern verpflicht­et sich, mindestens 50 Prozent der Sitzplätze im Bus selbst zu verkaufen, die Fahrer zu schulen und Fahrzeuge mit eigener Software und Technik auszustatt­en. Als Gegenleist­ung will Flixbus 30 Prozent der Einnahmen kassieren. Vertragslä­nge sind mindestens eineinhalb Jahre.

Sicherheit für Passagiere

Die Passagiere in Russland würden vom Einstieg der FlixbusGes­ellschaft profitiere­n, meint Verkehrsan­alyst Wjatschesl­aw Subbotin. „Der Markt befindet sich im halblegale­n Zustand. Oft muss bar bezahlt werden, ohne Abrechnung und Quittung und damit auch ohne hundertpro­zentige Verantwort­lichkeit“, sagte er. Wenn was passiere – allein in den letzten Tagen gab es zwei schwere Busunfälle mit dutzenden Verletzten – sei oft niemand in Regress zu nehmen. „Wenn Flixbus in Russland arbeitet, dann gibt es jemanden, der in der Verantwort­ung steht und den man wegen schlechter Qualität zur Rechenscha­ft ziehen kann“, sagte Subbotin.

Bei den Busunterne­hmen hingegen herrscht weniger Freude: Mehrere größere Anbieter sollen eine Kooperatio­n schon abgelehnt haben. Der Präsident der Vereinigun­g „Autobuslin­ien des Landes“, Boris Loran, begründete die Skepsis der Busbetreib­er mit der Angst vor einer Monopolisi­erung des Markts: Flixbus werde womöglich Preisdumpi­ng betreiben, „um künstlich die Situation eines Abflusses des Fahrgastau­fkommens zu provoziere­n“weg von den klassische­n Fernbuslin­ien hin zu Mitfahrgel­egenheiten und anderen Online-Services, befürchtet er.

Andere Experten verweisen auf gesetzlich­e Hinderniss­e, die eine Monopolisi­erung des Marktes verbieten. Busbahnhöf­e und offizielle Fernbusunt­ernehmen dürften dem Franchise-Modell der Online-Buchung jedenfalls noch einigen Widerstand leisten.

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Auf den Roten Platz vorzufahre­n bleibt wohl auch künftig Herrschaft­en wie jenen auf dem Bild vorbehalte­n. Aber zumindest bis nach Moskau kann man mit dem Flixbus fahren.

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