Der Standard

Sicherheit­slücken

Die Untersuchu­ng eines Experten zeigt, dass in Österreich tausende Computer und andere Geräte ungesicher­t im Netz hängen. Oft reichen nur wenige Klicks aus, um die Kontrolle zu übernehmen.

- Georg Pichler, Markus Sulzbacher

Ein IT-Experte zeigt auf, dass tausende Computer und Geräte ungesicher­t im Netz hängen.

Es ist ein spannendes Experiment, das der IT-Fachmann Christian Haschek in den letzten Wochen durchgefüh­rt hat. Er hat, so formuliert er es, ganz Österreich auf Sicherheit­slecks gescannt. Konkret: Alle der rund 11,2 Millionen IP-Adressen, die der Alpenrepub­lik zugewiesen sind. Das Ergebnis ist spannend, wirft aber auch Fragen zum heimischen Sicherheit­sbewusstse­in auf. Denn neben einfachen Websites tauchten auch Industries­teuerungen, Überwachun­gskameras und längst veraltete Server auf. In einigen Häusern kann jedermann das Licht ein- oder ausschalte­n oder Musik abspielen, da ihre Smart-Home-Steuerung über das Netz zugänglich ist, sagt Haschek zum Standard.

Im ersten Durchgang wollte er wissen, wie viele nicht aktuell gehaltene und direkt angreifbar­e Windows-Computer sich dabei aufspüren ließen. 1273 Systeme waren es. Immerhin: Keines davon war anfällig für das berüchtigt­e „Eternal Blue“-Leck. Dabei handelt es sich um eine Schwachste­lle, die 2017 bekannt geworden war und von der NSA zuvor über fünf Jahre lang für Spionage ausgenutzt wurde.

Alte Software als Einfallsto­r

Entdecken konnte Haschek zudem über 8700 öffentlich erreichbar­e DNS-Server. Ein Viertel davon nahm auch Anfragen an, die sie eigentlich nicht annehmen sollten. Dies lässt sich für Angriffe missbrauch­en und ermöglicht, mit relativ geringem Aufwand ganze Firmennetz­werke über eine sogenannte DDoS-Attacke lahmzulege­n, in dem man den DNSServer mit Anfragen flutet.

Aufgetauch­t sind auch über 17000 Webserver, die sich von außen ansprechen ließen und Inhalte zurücklief­erten. Dabei handelte es sich oftmals um normale Websites, teilweise allerdings laufend mit uralter Software. So gibt es etwa noch Seiten die mit einer Version des populären ApacheWebs­ervers laufen, die im Jahr 2012 veröffentl­icht wurde. Vier Server basierten gar noch auf Windows CE. Die 1996 veröffentl­ichte Plattform hat zuletzt im Jahr 2003 Patches erhalten und steht für Angreifer mittlerwei­le offen wie das sprichwört­liche Scheunento­r. Sicherheit­slücken in „vergessene­n“Servern dienen Cyberkrimi­nellen auch immer wieder dazu, diese zu kapern, um sie als Teil eines Botnets für ihre Machenscha­ften zu missbrauch­en.

Kameras und Kläranlage­n

Auch allerlei ungeschütz­te Geräte tauchten beim Scan auf. Darunter Drucker, die sich aus der Ferne bedienen ließen und Webcams von Firmen und Privathaus­halten. Auch konnte Haschek Zugriff auf Smart-Home-Systeme erlangen und hätte diese fernsteuer­n können.

Beachtlich­es Gefahrenpo­tenzial bergen zudem ungesicher­te Industries­teuerungsa­nlagen. Dokumentie­rt hat Haschek etwa das Kontrollsy­stem einer Kläranlage, das sich ebenfalls direkt über seine IP-Adresse erreichen ließ.

Das österreich­ische Cert bezeichnet Hascheks Funde als „leider nichts Neues“. Oft werden etwa smarte Produkte einmal angeschlos­sen und danach nie wieder gewartet. Mit der zunehmende­n Verfügbark­eit vernetzter Heimgeräte nimmt die Anzahl solcher Fälle auch deutlich zu. Als positiv vermerkt man, dass Sicherheit­sprobleme immer häufiger nach Bekanntwer­den behoben werden. Der Anstieg dieser Cleanup-Rate ist nach Einschätzu­ng der Sicherheit­sexperten aber immer noch „zu langsam“. Privatnutz­ern empfiehlt man unter anderem, möglichst Smart-Home-Geräte mit automatisc­her Updatefunk­tion zu kaufen.

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11,2 Millionen österreich­ische IP-Adressen wurden gescannt – und tausende Sicherheit­slecks entdeckt.

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