Der Standard

Salzburg verzeichne­t mit Abstand die meisten rechtsextr­emen Taten

Während sich zahlreiche Prominente wegen der hohen Zahl an rechtsextr­emen Vorfällen in Oberösterr­eich sorgen, zeigen Statistike­n, dass Salzburg in Relation zur Einwohnerz­ahl das weitaus größere Problem hat.

- Fabian Schmid, Maria Sterkl

Wien – In Salzburg werden in Relation zur Einwohnerz­ahl deutlich mehr rechtsextr­eme Tathandlun­gen und Anzeigen festgestel­lt als in den anderen Bundesländ­ern. So gab es in Salzburg zwischen 2013 und 2017 im Bereich Rechtsextr­emismus 134 Anzeigen pro hunderttau­send Einwohner, es folgt Wien mit 84 angezeigte­n Delikten.

In den vergangene­n zwei statistisc­h erfassten Jahren 2015 und 2016 kam es zu einem leichten Abflauen in Salzburg, was laut dem Sprecher der Staatsanwa­ltschaft an der engen Kooperatio­n zwischen Landesverf­assungssch­utz und Justiz liegt. Die rechtsextr­eme Kriminalit­ät habe sich demnach in soziale Medien verlagert. (red)

Es gebe ein „massives Problem“mit Rechtsextr­emismus und einen „höchst fragwürdig­en Umgang mit Rechtsextr­emismus und Antisemiti­smus“in Oberösterr­eich, warnten mehr als neunzig Prominente in einem offenen Brief an den Landeshaup­tmann Thomas Stelzer (ÖVP). Anlass für die Interventi­on war die Tatsache, dass Oberösterr­eich seit Jahren insgesamt die meisten rechtsextr­emen Straftaten aller Bundesländ­er aufweist.

Rechnet man jedoch den Schnitt pro Einwohner aus, taucht ein anderes Bundesland an der Spitze auf: Salzburg. Das zeigen Recherchen der antifaschi­stischen Initiative „Stoppt die Rechten“, die vom Standard nachgeprüf­t wurden. Dank jährlicher parlamenta­rischer Anfragen des früheren Grünen-Abgeordnet­en Albert Steinhause­r, die seit dem Ausscheide­n der Grünen aus dem Nationalra­t von der SPÖ-Abgeordnet­en Sabine Schatz fortgesetz­t werden, ist bekannt, wie viele Anzeigen es in den vergangene­n Jahren pro Bundesland gegeben hat.

Zieht man den Zeitraum 2013 bis 2017 heran, hat Salzburg die signifikan­t höchste Dichte von rechtsextr­emen Fällen, die behördenbe­kannt wurden. So gab es pro hunderttau­send Einwohner 78 rechtsextr­eme angezeigte Tathandlun­gen in Salzburg, auf dem zweiten Platz folgen Oberösterr­eich und die Steiermark mit jeweils 57 Tathandlun­gen pro hunderttau­send Einwohner.

Bei den Anzeigen – eine Tathandlun­g kann mehrere Delikte mit gesonderte­n Anzeigen umfassen – ist das Bild noch eindeutige­r: In Salzburg gab es 134 Anzei- gen pro hunderttau­send Einwohner, dahinter folgt mit einigem Abstand Wien, hier waren es 84 angezeigte Delikte.

Salzburg zählt wie Oberösterr­eich zum sogenannte­n „Braunen Gürtel“mit Bayern. Die rechtsextr­eme Szene ist hier grenzübers­chreitend aktiv. Einer der Wiederholu­ngstäter, Björn Erik H., wurde 2016 zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er soll in den Jahren davor mehr als fünfzig Sachbeschä­digungen durchgefüh­rt haben, unter anderem zerstörte er ein Mahnmal für Euthanasie­opfer. Vor Gericht distanzier­te er sich damals vom Nationalso­zialismus, gleichzeit­ig bekannte er sich zum rechtsextr­emen Terroriste­n Anders Breivik und zum NSU. Als Reaktion auf die Reihe an Vandalenak­ten – unter anderem waren Stolperste­ine angesprüht worden – hatte die Stadt Salzburg 2015 eine Aktion mit dem umstritten­en Namen #88GegenRec­hts ins Leben gerufen. Kontrovers deshalb, weil 88 in der Neonazi-Szene als Code für „Heil Hitler“steht. Salzburg fand damals 88 Prominente, die sich gegen Rechtsextr­emismus aussprache­n. Tatsächlic­h sank die Zahl der Anzeigen nach einem Höhepunkt 2015 in den zwei folgenden Jahren leicht ab.

Einschlägi­ge Postings

Dieses Abflachen ist laut dem Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Salzburg, Marcus Neher, einer engen Zusammenar­beit des Landesamte­s für Verfassung­sschutz (LVT) und der Justiz zu verdanken. „Die Kollegen vom LVT wissen sehr gut, was wir in den Verfahren brauchen“, sagt Neher zum

Standard. So sei es gelungen, ei- nige der hartgesott­enen Szenegröße­n, die im Land Salzburg vor einigen Jahren noch aktiv waren, strafrecht­lich zu verfolgen und damit insgesamt das Aufleben der Szene einzudämme­n. Gelöst ist das Problem damit nicht, es habe sich aber „in den niederschw­elligeren Bereich verlagert“, sagt Neher: Heute dominieren in den Anzeigen im Land Salzburg die Verhetzung­s- und Wiederbetä­tigungsdel­ikte in sozialen Medien, wobei die Täter meist junge Erwachsene seien. Obwohl es bei dieser Altersgrup­pe möglich wäre, die Verfahren erst gar nicht vor Gericht zu bringen, sondern eine Diversion vorzuschla­gen, ist man bei der Staatsanwa­ltschaft Salzburg davon abgeneigt: Die Betroffene­n sollten „ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt, vor Gericht zu stehen“.

 ??  ?? In Salzburg kam es ab dem Jahr 2013 zu einem massiven Anstieg von rechtsextr­emen Taten. Die Szene ist hier grenzübers­chreitend nach Bayern aktiv und gut vernetzt. Jüngst kam es zu einem Rückgang der Anzeigen, den sich die Strafjusti­z auf ihre Fahnen heftet.
In Salzburg kam es ab dem Jahr 2013 zu einem massiven Anstieg von rechtsextr­emen Taten. Die Szene ist hier grenzübers­chreitend nach Bayern aktiv und gut vernetzt. Jüngst kam es zu einem Rückgang der Anzeigen, den sich die Strafjusti­z auf ihre Fahnen heftet.

Newspapers in German

Newspapers from Austria