Murmeltier der Politik
Immer wieder Mehrheitswahlrechtsdebatte
Wer nach immer wiederkehrenden Kontroversen in der österreichischen Innenpolitik sucht, wird beim Thema Wahlsystem schnell fündig. Fast schon mit der Regelmäßigkeit eines Metronoms schwappt die Debatte um ein Mehrheitswahlrecht durch die innenpolitische Landschaft, zuletzt hat sie vergangene Woche das Burgenland erfasst. Das Thema hat immer wieder Diskussionen über Sinn und Machbarkeit ausgelöst, Fürsprecher und Gegner fanden sich: Wirklich ernst genommen wurde die Idee, Österreichs Verhältniswahlrecht könne durch die Persönlichkeitswahl von Abgeordneten in Wahlbezirken ersetzt werden, aber nie. Zu groß wäre vielen der politische Kulturwandel, würden Abgeordnete plötzlich in „Swing-Wahlkreisen“von Floridsdorf bis Bludenz um die relative Mehrheit rittern.
Dabei geht es längst nicht immer um ein klassisches Westminster-System, in dem die stimmenstärkste Partei eines Wahlkreises dessen Mandat gewinnt – und kleinere Gruppen kaum Chancen auf Parlamentssitze haben. So auch 2017, als der damalige Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern in seinem „Plan A“eigentlich ein ganz anderes System vorschlug: Die stimmenstärkste Partei solle automatisch den Kanzler stellen, das Wahlrecht möge mehrheitsfördernd sein, hatte er gefordert. Die Folge waren mediale Debatten über ein Mehrheitswahlrecht, nicht unbedingt aber über ein mehrheitsförderndes, wie es Kern eigentlich vorgeschlagen hatte. Dabei gäbe es für ein solches viele Vorbilder, auch in Staaten mit Verhältniswahlrecht. In Griechenland etwa, in dessen 300-Sitze-Parlament die stimmenstärkste Partei 50 Bonusmandate bekommt. Oder in Italien und Deutschland, wo Mehrheits- und Verhältniswahl gemischt sind.