Der Standard

Asyljurist: „Vorbeugend­e Haft nicht vorgesehen“

Gesetzesän­derung wegen Bluttat von Dornbirn würde EU-Recht verletzen

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Dornbirn/Wien – Nach der Bluttat in der Bezirkshau­ptmannscha­ft Dornbirn wollen sich Innenstaat­ssekretäri­n Karoline Edtstadler und der Vorarlberg­er Landeshaup­tmann Markus Wallner (beide ÖVP) dafür einsetzen, die Rechtslage im Asylbereic­h zu ändern. Das haben die beiden am Freitag bei einem Arbeitsges­präch vereinbart.

Wie berichtet, soll ein türkischer Asylwerber am Mittwoch den Sozialamts­leiter der BH Dornbirn erstochen haben. Der amtsbekann­te Tatverdäch­tige war trotz eines bis 2024 ausgesproc­henen, aber laut Innenminis­terium (BMI) von der EU-Judikatur ausgehebel­ten Aufenthalt­sverbots illegal in den Schengenra­um eingereist und stellte einen Antrag auf Asyl, wodurch er zumindest vorübergeh­enden Abschiebes­chutz erhielt. Auch im Fall eines negativen Asyl- bescheids hätte dem angebliche­n Kurdenkämp­fer laut Innenminis­terium wohl eine Duldung zugestande­n werden müssen. Schon am Tag nach dem Verbrechen hatte Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) von „Unzulängli­chkeiten im bestehende­n internatio­nalen Asylsystem“gesprochen, die auf EUEbene repariert werden müssten.

Vorbeugend­e Haft unmöglich

Auch die Frage, warum der mutmaßlich­e (amtsbekann­te) Täter nicht gleich bei seinem Asylantrag in Haft genommen worden ist, ist aufgetauch­t. Dazu Georg Bürstmayr, Rechtsanwa­lt für Fremdenund Asylrecht, auf Anfrage des

Standard: „Eine vorbeugend­e Haft ist in Österreich nicht vorgesehen“, und das sei auch gut so. Denn: „Wenn man zwei Meter weiter denkt, kommen wir in ab- surde Gefilde, denn man kann nicht 10.000 Personen sicherheit­shalber wegsperren.“Das Grundprobl­em sei einfach: Man könne nicht in die Zukunft schauen. Auch Rechtswiss­enschafter Bernd-Christian Funk unterstric­h am Freitagmor­gen im Ö1- Morgenjour­nal die Ansicht, wonach es rechtlich keine Möglichkei­ten gegeben hätte, den Mann festzuhalt­en oder abzuschieb­en.

Bürstmayr betont, dass es sich um EU-Recht handle: „Das Unionsrech­t, das in diesem Zusammenha­ng in Österreich gilt, gilt auch unabhängig von der Meinung des Innenminis­ters.“Bei einem Alleingang müsste Österreich damit rechnen, dass die EU ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren einleite. (elas, simo)

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