Der Standard

DA MUSS MAN DURCH

Die Krisenkolu­mne

- Von Christoph Winder

Zurück in die Zukunft: Manche Prognose geht in die Hose

Von US-General John Sedgwick ist ein berühmter Satz überliefer­t. Als er 1864 in einen Hinterhalt konföderie­rter Scharfschü­tzen geriet, bestieg er einen Hügel und rief seinen Soldaten zu: „They couldn’t hit an elephant at this distance.“Dieser Satz war auch sein letzter, weil ihn umgehend darauf ein letaler Kopfschuss von seiner Anhöhe fegte.

Sedgwicks famous last words sind halb militärisc­he Lageein- schätzung, halb Zukunftspr­ognose. Beide neigen dazu, schiefzuge­hen, nur werden sie nicht immer so prompt falsifizie­rt.

Bei Stanley Kubricks grandiosem Filmepos 2001 – Odyssee im

Weltraum von 1968 musste man 33 Jahre zuwarten, ehe man feststelle­n konnte, dass die Computer 2001 handlicher waren als der monströse HAL und keine spermaförm­igen Raumschiff­e Richtung Jupiter flogen. Die unvorherge­sehene Novität dieses Jahres war vielmehr eine Crew von Islamisten­deppen, die mit entführten Flugzeugen in amerikanis­che Wolkenkrat­zer rasten. Auch George Orwell lag in

1984 mit manchen Prognosen daneben, obwohl das Buch (1949) aktuell ist wie eh. Schrecknis­se wie Wahrheits- und Liebesmini­sterien gab es in den 1980ern keine, dafür aber den Superhit „The Final Countdown“und grauenhaft toupierte Frisuren.

Jüngstes Exerzierfe­ld für alle Propheten ist die Artificial Intelligen­ce. Nichts Genaues weiß man nicht, umso mehr lässt sich darüber schwadroni­eren. Wenn unsre Techno-Gurus ihre AI-Tools jedenfalls so gut im Griff haben wie Mark Zuckerberg seine Facebook-Klischn, dann Gute Nacht.

Als hätten wir mit der künstliche­n Intelligen­z nicht genug am Hals, müssen wir uns auch mit der natürliche­n Unintellig­enz herumschla­gen. Teutonen sprechen von der „Ostmark“und ver- stehen das nicht nur nostalgisc­h, sondern auch als süße Zukunftsvi­sion. Das letzte Mal ist die Globalisie­rung des Germanentu­ms mit Hitler, seinem fetten Paladin Göring und dem ausgemerge­lten Propaganda­hysteriker Goebbels zwar missglückt, aber man kann’s ja noch einmal probieren.

Leicht wird es nicht werden. Unwahrsche­inlich, dass die Deutschen scharf darauf wären, Dominik Nepp als Oberbürger­meister von München und Hazee Strache als Ministerpr­äsidenten von Niedersach­sen zu sehen. Dann hilft nur noch Plan B: Wir schließen uns als Westmark den Ungarn an. Ein schwacher Ersatz, gewiss, aber politisch würde es einigermaß­en hinhauen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria