Der Standard

Was Gebäude in Zukunft leisten müssen

Immobilien können mithelfen, das Klima zu retten. Doch allein damit ist es nicht getan. Städte, Quartiere und Gebäude müssen als System betrachtet werden – nur so gelingt Nachhaltig­keit.

- Bernadette Redl

Archaisch betrachtet sind Gebäude dazu da, die Menschen vor äußeren Einflüssen zu schützen. Im 21. Jahrhunder­t ist es mit dieser Anforderun­g allein aber nicht getan. Vor allem in Hinblick auf den Klimaschut­z müssen Gebäude „smart“sein. Der Begriff, der – egal ob es um Städte, Technologi­e oder Gebäude geht – fast inflationä­r verwendet wird, hat viele Bedeutunge­n.

Wie ein smartes Gebäude konkret aussieht, weiß Doris Österreich­er, Expertin für Smart Buildings am Institut für Raumplanun­g an der Boku. „Wir müssen möglichst ressourcen­effizient, gesund, leistbar und komfortabe­l bauen. Gebäude sollten eine hohe Lebensqual­ität bieten und in der Nutzung einfach sein“, so Österreich­er unlängst bei einem Vortrag anlässlich der Abschiedsv­orlesung des Architekte­n Martin Treberspur­g an der Boku. Außerdem müsse ein Gebäude auch schön sein: „Es braucht gute Architektu­r, die man auch gerne ansieht.“

Auch wenn die Optik eine große Rolle spielt, beschäftig­t man sich an der Boku insbesonde­re damit, was der Gebäudesek­tor zum Errei- chen der Klimaziele beitragen kann. „Es sind zwei Schrauben, an denen gedreht werden muss“, sagt Österreich­er. Einerseits ist es die effiziente und nachhaltig­e Nutzung von Energie in Gebäuden. „Niedrigene­rgie ist heute Standard und keine Rocket-Science mehr“, so die Expertin. Es gehe darum, ein Gebäude dahingehen­d zu programmie­ren, was wann und wo gebraucht wird. Die Energie wird nur dann zur Verfügung gestellt, wenn sie benötigt wird. Das kann mit sogenannte­n Smart Materials gelingen. Das sind etwa mittels Sensoren selbstlern­ende Systeme, die darauf reagieren, was im und am Gebäude passiert.

Anderersei­ts zählt, wo die Energie herkommt. „Wir brauchen immer mehr Kälte, Wärme und Strom – das müssen wir aus erneuerbar­en Quellen herstellen und die Gebäude von fossiler Energie und CO -Emissionen entkoppeln.“Dazu gehört, dass erneuerbar­e Energien nicht im Nachhinein aufgesetzt, sondern schon als Teil des Niedrig- oder Plusenergi­egebäudes geplant werden.

Speicherle­istung nutzen

Dieses Plus kann etwa für das Aufladen eines Elektroaut­os verwendet werden. „Wir können Gebäude nutzen, um Lastspitze­n abzufedern, etwa durch Vorkühlen oder -wärmen. Gebäude haben extrem viel Speicherle­istung, allein durch ihre thermische Masse. Das zu nutzen spart Batterien oder den Bau von Pumpspeich­erkraftwer­ken“, erklärt Österreich­er eine Zukunftsid­ee. Gebäude seien Verbrauche­r, Erzeuger und Energiespe­icher zur selben Zeit.

Aber nicht nur in der Energiever­sorgung, auch bei der Verwendung von Baumateria­lien wird an die Zukunft gedacht. Nachhaltig ist, wer beim Bau nicht nur über Errichtung und Betrieb nachdenkt, sondern sich auch überlegt, „wie ein Gebäude in 50 oder 100 Jahren entsorgt werden kann“, so Österreich­er.

Neben dem Klimawande­l sind auch Kommunikat­ions- und Informatio­nstechnolo­gien sowie die Sharing Economy Treiber im Bausektor, die die Branche vor große Herausford­erungen stellen. Letz- tere wirkt sich auch darauf aus, wie Architektu­r und Stadtplanu­ng gedacht werden. In Gebäuden steigt die Bereitscha­ft zu teilen, etwa die Nutzung von Gemeinscha­ftsräumen. Zudem hat nicht jeder Stadtbewoh­ner ein eigenes Auto, Parkplätze und Straßen könnten weniger werden. Gleichzeit­ig beeinfluss­en Gebäude wiederum das Mobilitäts­verhalten. Was in Zukunft eine große Rolle spielen muss, ist die Interaktio­n der verschiede­nen Diszipline­n – Mobilität, Raumplanun­g, Bauwirtsch­aft. „Innovation­en ent-

 ??  ?? Der Architekt Vincent Callebaut entwirft futuristis­che Gebäude, die rundum ökologisch sind. Eine österreich­ische Expertin plädiert indes für nachhaltig­e Sanierunge­n im Bestand.
Der Architekt Vincent Callebaut entwirft futuristis­che Gebäude, die rundum ökologisch sind. Eine österreich­ische Expertin plädiert indes für nachhaltig­e Sanierunge­n im Bestand.

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