Was Gebäude in Zukunft leisten müssen
Immobilien können mithelfen, das Klima zu retten. Doch allein damit ist es nicht getan. Städte, Quartiere und Gebäude müssen als System betrachtet werden – nur so gelingt Nachhaltigkeit.
Archaisch betrachtet sind Gebäude dazu da, die Menschen vor äußeren Einflüssen zu schützen. Im 21. Jahrhundert ist es mit dieser Anforderung allein aber nicht getan. Vor allem in Hinblick auf den Klimaschutz müssen Gebäude „smart“sein. Der Begriff, der – egal ob es um Städte, Technologie oder Gebäude geht – fast inflationär verwendet wird, hat viele Bedeutungen.
Wie ein smartes Gebäude konkret aussieht, weiß Doris Österreicher, Expertin für Smart Buildings am Institut für Raumplanung an der Boku. „Wir müssen möglichst ressourceneffizient, gesund, leistbar und komfortabel bauen. Gebäude sollten eine hohe Lebensqualität bieten und in der Nutzung einfach sein“, so Österreicher unlängst bei einem Vortrag anlässlich der Abschiedsvorlesung des Architekten Martin Treberspurg an der Boku. Außerdem müsse ein Gebäude auch schön sein: „Es braucht gute Architektur, die man auch gerne ansieht.“
Auch wenn die Optik eine große Rolle spielt, beschäftigt man sich an der Boku insbesondere damit, was der Gebäudesektor zum Errei- chen der Klimaziele beitragen kann. „Es sind zwei Schrauben, an denen gedreht werden muss“, sagt Österreicher. Einerseits ist es die effiziente und nachhaltige Nutzung von Energie in Gebäuden. „Niedrigenergie ist heute Standard und keine Rocket-Science mehr“, so die Expertin. Es gehe darum, ein Gebäude dahingehend zu programmieren, was wann und wo gebraucht wird. Die Energie wird nur dann zur Verfügung gestellt, wenn sie benötigt wird. Das kann mit sogenannten Smart Materials gelingen. Das sind etwa mittels Sensoren selbstlernende Systeme, die darauf reagieren, was im und am Gebäude passiert.
Andererseits zählt, wo die Energie herkommt. „Wir brauchen immer mehr Kälte, Wärme und Strom – das müssen wir aus erneuerbaren Quellen herstellen und die Gebäude von fossiler Energie und CO -Emissionen entkoppeln.“Dazu gehört, dass erneuerbare Energien nicht im Nachhinein aufgesetzt, sondern schon als Teil des Niedrig- oder Plusenergiegebäudes geplant werden.
Speicherleistung nutzen
Dieses Plus kann etwa für das Aufladen eines Elektroautos verwendet werden. „Wir können Gebäude nutzen, um Lastspitzen abzufedern, etwa durch Vorkühlen oder -wärmen. Gebäude haben extrem viel Speicherleistung, allein durch ihre thermische Masse. Das zu nutzen spart Batterien oder den Bau von Pumpspeicherkraftwerken“, erklärt Österreicher eine Zukunftsidee. Gebäude seien Verbraucher, Erzeuger und Energiespeicher zur selben Zeit.
Aber nicht nur in der Energieversorgung, auch bei der Verwendung von Baumaterialien wird an die Zukunft gedacht. Nachhaltig ist, wer beim Bau nicht nur über Errichtung und Betrieb nachdenkt, sondern sich auch überlegt, „wie ein Gebäude in 50 oder 100 Jahren entsorgt werden kann“, so Österreicher.
Neben dem Klimawandel sind auch Kommunikations- und Informationstechnologien sowie die Sharing Economy Treiber im Bausektor, die die Branche vor große Herausforderungen stellen. Letz- tere wirkt sich auch darauf aus, wie Architektur und Stadtplanung gedacht werden. In Gebäuden steigt die Bereitschaft zu teilen, etwa die Nutzung von Gemeinschaftsräumen. Zudem hat nicht jeder Stadtbewohner ein eigenes Auto, Parkplätze und Straßen könnten weniger werden. Gleichzeitig beeinflussen Gebäude wiederum das Mobilitätsverhalten. Was in Zukunft eine große Rolle spielen muss, ist die Interaktion der verschiedenen Disziplinen – Mobilität, Raumplanung, Bauwirtschaft. „Innovationen ent-