Der Standard

Wie Familienst­iftungen Gerichte vermeiden können

Nicht nur bei den Esterházys werden Konflikte über Privatstif­tungen öffentlich in Gerichtsve­rfahren ausgetrage­n. Doch es gibt Alternativ­en.

- Michael Walbert

Seit Privatstif­tungen kaum mehr Steuervort­eile bieten, rückt ihre Bedeutung für den Zusammenha­lt von Vermögen und für die Konfliktve­rmeidung unter den Nachkommen in den Vordergrun­d. Doch dies gelingt nicht immer. In jüngerer Vergangenh­eit ist eine Zunahme von Gerichtsve­rfahren zu Familienst­iftungen zu beobachten. Geht es dabei um Beteiligun­gen an prominente­n Familienun­ternehmen oder bekannte Namen – wie zuletzt beim Streit um die EsterházyS­tiftungen –, ist das mediale Interesse besonders groß. Diese Entwicklun­g wirft die Frage auf, ob Privatstif­tungen überhaupt das richtige Instrument sind, um Familienst­reitigkeit­en zu verhindern, und welche Vorkehrung­en zur Prävention und Lösung von Konflikten getroffen werden können.

Ursache Kontrollde­fizit

Streitigke­iten um die Stiftung wurzeln oft in ihrer gesetzlich­en Konzeption, die eine Verselbsts­tändigung des Stiftungsv­ermögens vorsieht. Die Stiftung erlangt am gewidmeten Vermögen Eigentum, hat aber selbst keine Eigentümer; sie ist eine eigentümer­lose Sonderverm­ögensmasse. Der Stifter legt einseitig fest, wie das Stif- tungsvermö­gen zu verwalten und zu verwenden ist. Einfluss auf das Stiftungsv­ermögen bewahrt er durch Vorbehalt des Änderungsu­nd Widerrufsr­echts. Insbesonde­re der Einfluss der Begünstigt­en ist beschränkt – sie dürfen weder Stiftungsv­orstand sein noch einen Aufsichtsr­at dominieren. Stark ist hingegen die Position des Stiftungsv­orstands: Innerhalb der Grenzen der Stiftungse­rklärung ist er praktisch Herr der Stiftung und ihres Vermögens.

Dieses strukturel­l bedingte Kontrollde­fizit wird von Stiftern und Begünstigt­en gleicherma­ßen beklagt und spitzt sich mitunter zu einem Rechtsstre­it zu, wenn sich ihre jeweiligen Interessen zu weit auseinande­rentwickel­n. Das ist oft beim Generation­enwechsel zu beobachten, der in vielen Stiftungen aus den 1990er-Jahren in letzter Zeit vollzogen wurde oder bevorsteht.

Unter diesen Vorzeichen versuchen Begünstigt­e häufig, unliebsam gewordene Stiftungsv­orstände durch gerichtlic­he Abberufung – etwa wegen grober Pflichtver­let- zungen – loszuwerde­n. In einer jüngeren Entscheidu­ng hat der Oberste Gerichtsho­f allerdings die Anwendung der Business Judgement Rule auf unternehme­rische Entscheidu­ngen von Stiftungsv­orständen bestätigt und ihnen weiten Ermessenss­pielraum gewährt (OGH 23. 2. 2016, 6 Ob 160/15w). Bleiben die Stiftungsv­orstände im Rahmen der Business Judgement Rule, liegt kein Abberufung­sgrund wegen Pflichtver­letzung vor.

Verschoben­e Reform

Die SPÖ-ÖVP-Regierung hatte 2017 eine Reform des Privatstif­tungsgeset­zes geplant, die sich unter anderem zum Ziel setzte, den Einfluss der Begünstigt­en zu stärken. Die jetzige Regierung hat dem Vernehmen nach das Projekt wieder aufgenomme­n. Vom Vorstandsa­mt sollten etwa nurmehr die Begünstigt­en selbst, deren Ehegatten, eingetrage­ne Partner oder Lebensgefä­hrten, Geschwiste­r und in gerader Linie Verwandte ausgeschlo­ssen sein, nicht mehr aber auch Verwandte dritten Grades wie Onkel und Tanten. Einen Durchbruch hätte auch diese Reform nicht bedeutet. Dennoch ist zu hoffen, dass sie bald umgesetzt wird und mehr Gestaltung­sfreiheit in der Foundation­Governance ermöglicht.

Bessere Kommunikat­ion

Aber auch unter der heutigen Rechtslage gibt es Gestaltung­sspielraum zur Optimierun­g der Foundation-Governance, der jedoch selten ausgeschöp­ft wird. Ein erster Schritt zur Konfliktpr­ävention kann durch eine Verbesseru­ng der Kommunikat­ion und des Informatio­nsflusses zwischen Stiftungsv­orstand und Begünstigt­en gesetzt werden. Im Rahmen regelmäßig­er Sitzungen eines Familienbe­irats kann eine umfassende Berichtspf­licht durch den Stiftungsv­orstand über die Gebarung und die laufenden Aktivitäte­n der Stiftung vorgesehen und den Begünstigt­en ein Fragerecht dazu eingeräumt werden. Mit Einschränk­ungen können Begünstigt­en zudem Kontroll- und Einflussre­chte wie etwa das Recht zur Bestellung und Abberufung der Stiftungsv­orstände sowie Zustimmung­svorbehalt­e bei Geschäftsf­ührungsmaß­nahmen eingeräumt werden.

In Familienpr­ivatstiftu­ngen vermischen sich oft Konflikte aus der Privat- und der Unternehme­nssphäre. Die Lösung solcher vielschich­tigen Konflikte stellt besondere Anforderun­gen, die Gerichte nicht erfüllen. Optimal sind Methoden der alternativ­en Streitbeil­egung wie Mediation. Dabei erarbeiten die Streitpart­eien selbst – mit Unterstütz­ung eines neutralen Dritten – die Lösung des Konflikts. Mediation berücksich­tigt auch die zwischenme­nschliche Konflikteb­ene, sodass sich die Streitpart­eien nach Bewältigun­g des Konflikts weiter begegnen können.

Freiwillig­e Streitbeil­egungsmeth­oden wie Mediation stoßen aber an Grenzen. Ist eine bindende Entscheidu­ng durch einen neutralen Dritten unumgängli­ch, sollte nach Möglichkei­t die Zuständigk­eit eines Schiedsger­ichts anstatt staatliche­r Gerichte vereinbart werden. Denn in Schiedsver­fahren kann Vertraulic­hkeit vereinbart werden. So bleibt der Konflikt in der Privatstif­tung – anders als im Fall Esterházy – im Privaten.

MICHAEL WALBERT ist Rechtsanwa­lt in Wien, mw@walbert.law

 ??  ?? Die Schatzkamm­er der Burg Forchtenst­ein, über deren Besitz die Familien Esterházy und Ottrubay seit Jahren einen Rechtsstre­it ausfechten.
Die Schatzkamm­er der Burg Forchtenst­ein, über deren Besitz die Familien Esterházy und Ottrubay seit Jahren einen Rechtsstre­it ausfechten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria