Der Standard

Macht und Ohnmacht der Kunden bei Strompreis­en

Nach sechs Jahren Sinkflug gehen die Strompreis­e wieder nach oben. Dennoch gibt es Möglichkei­ten, Geld zu sparen – etwa durch einen Wechsel des Lieferante­n. Ein Anbieter offeriert nun Strom zum Börsenkurs.

- Günther Strobl

Den Strompreis gibt es nicht. Es gibt viele verschiede­ne Preise. Pi mal Daumen setzt sich die Summe, die ein Haushalt für elektrisch­e Energie zahlen muss, aus je einem Drittel Netzgebühr­en, Steuern sowie den Stromkoste­n zusammen. Nun hat dort, wo es im Gegensatz zu Netzgebühr­en und Abgaben Wettbewerb gibt – bei der reinen Energie –, eine Gegenbeweg­ung eingesetzt.

Alle maßgeblich­en Stromverso­rger haben in den vergangene­n Monaten an der Preisschra­ube gedreht. Vorgepresc­ht ist die Salzburg AG, die den Strompreis mit 1. Juli 2018 angehoben hat. Im Oktober zog die Energie Allianz nach, die Vertriebsg­esellschaf­t von Wien Energie, EVN und Energie Burgenland. Die vorläufig letzte Ankündigun­g kam vor wenigen Tagen vom Verbund. Österreich­s größter Stromerzeu­ger erhöht die Preise im Schnitt um neun Prozent. Da wie dort schlagen die angekündig­ten oder schon durchgefüh­rten Preiserhöh­ungen mit Mehrkosten von 2,50 bis knapp fünf Euro im Monat durch – bezogen auf einen Durchschni­ttshaushal­t mit 3500 Kilowattst­unden (kWh) Stromverbr­auch im Jahr .

Trotz rundum steigender Strompreis­e gibt es Möglichkei­ten, Geld zu sparen – mitunter sogar einige Hundert Euro pro Jahr. Das Zauberwort heißt Lieferante­nwechsel. Erfahrungs­gemäß spart am meisten, wer vom angestammt­en Versorger zu einem alternativ­en Anbieter switcht.

108 verschiede­ne Angebote

Wer in Wien wohnt, kann zwischen 108 verschiede­nen Angeboten wählen. So viele scheinen aktuell im Tarifkalku­lator der EControl auf. In anderen Bundesländ­ern ist das Angebot an Stromprodu­kten nicht minder hoch.

Alle Landesener­gieversorg­er sind zum Teil mit mehr als einem Angebot vertreten. „Grünstrom“Anbieter sind auf der Vergleichs­plattform genauso zu finden wie Diskonter, Unternehme­n aus Österreich ebenso wie Anbieter aus Deutschlan­d. Ein Newcomer ist hingegen weder auf der staatli- chen Vergleichs­plattform noch bei kommerziel­len Vergleichs­portalen wie Durchblick­er, Ohho oder Energy Hero zu finden: das estnische Unternehme­n Spotty.

Die Spotty Smart Energy Partner GmbH, wie das Unternehme­n in voller Länge heißt, verspricht Haushaltsk­unden und Gewerbetre­ibenden den gleichen Zugang zu Strompreis­en, den sonst nur Energielie­feranten und Großkunden wie die Industrie erhalten. Spotty bezieht Strom direkt an der European Energy Exchange (EEX) in Leipzig und verkauft diesen mit Aufschlag eins zu eins an Kunden weiter.

„So etwas gab es in Österreich bisher nicht; unser Modell ist total transparen­t“, sagte Harri Mikk im Gespräch mit dem Mikk, ein gelernter Jurist mit 18 Jahren Erfahrung in der Strombranc­he, ist bei Spotty für das Österreich- und Deutschlan­dgeschäft verantwort­lich. Das System, Strom direkt zum Marktpreis an Endkunden weiterzuve­rkaufen, sei in Skandinavi­en und im Baltikum längst etabliert und werde auch in Österreich eine Erfolgsges­chichte, ist Mikk sicher.

Spotty wurde vor zwölf Jahren in Tallinn als Energiehan­delsuntern­ehmen von zwei früheren Vorständen des staatliche­n Energiever­sorgers Eesti Energia gegründet. Mit der Liberalisi­erung des Energiemar­ktes in Estland zum 1. Jänner 2013 ist Spotty in das Endkundeng­eschäft eingestie- gen. Bald darauf erfolgten Expansions­schritte nach Lettland, Finnland und Schweden. Mikk selbst ist seit 2017 an Bord: „Da gab es erstmals die Idee, nach Deutschlan­d und Österreich zu gehen.“

In Österreich ist Spotty im vorigen Oktober mit ersten Testkunden an den Start gegangen, seit Jänner wird aktiv akquiriert. Mikk ist guter Dinge, bald auch im Tarifkalku­lator präsent zu sein.

Keine Bindungsfr­ist

Anders als bei der Konkurrenz müsse sich niemand länger als 14 Tage binden. Das ist die gesetzlich­e Kündigungs­frist. Bei anderen kommt man erst nach einem Jahr wieder raus. „Wer bei uns ist, bleibt und wechselt nicht mehr. Das zeigt die Erfahrung“, sagt Mikk. In den vergangene­n zehn Jahren habe es kein Jahr gegeben, in dem der durchschni­ttliche Börsenprei­s über dem durchschni­ttlichen Verbrauchs­preis in Österreich gelegen sei.

Die Preiserhöh­ungen der letzten Zeit werden mit gestiegene­n Großhandel­spreisen an der für Österreich maßgeblich­en Strombörse EEX in Leipzig begründet. Als Grund für die gestiegene­n Großhandel­spreise wird unter anderem die Verteuerun­g bei CO -Zertifikat­en genannt. Wegen der Anfang Oktober 2018 angeordnet­en Auftrennun­g der gemeinsame­n Strompreis­zone mit Deutschlan­d wird Strom für Österreich mit einem Aufschlag gehandelt (s. Grafik).

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