Der Standard

Investor Benko sorgt mit Ötzi-Plan für Eiszeit in Bozen

Der Mann aus dem Eis soll ein neues Zuhause bekommen, René Benko schlägt einen futuristis­chen Neubau in Bozen vor. Dort sorgt der Plan für Empörung.

- Gerhard Mumelter aus Bozen

Seit seiner Auffindung im Gletschere­is der Ötztaler Alpen sind mehr als 27 Jahre vergangen. Über die rund 5250 Jahre alte Mumie weiß man mittlerwei­le fast alles. Dass die letzte Mahlzeit des Mannes aus Steinbockf­leisch bestand, dass er unter Arthrose litt und von Parasiten wie der Hirschlaus­fliege befallen war – und dass die Feuerstein­spitze eines Pfeils dem Leben des damals 45-Jährigen ein abruptes Ende setzte.

Der Mann aus dem Eis wandelte sich rasch zur Kultfigur. Ihr sind unzählige Sachbücher, Filme und Romane gewidmet. Das Bozner Archäologi­emuseum wurde im Lauf der Jahre zu einer Pilgerstät­te neugierige­r Fans aus aller Welt.

Langes Warten auf den Ötzi

Längst kann das Museum im Gebäude der altösterre­ichischen Nationalba­nk den Ansturm der jährlich rund 300.000 Besucher nicht mehr bewältigen. Besonders bei Regenwette­r zieht es viele Urlauber aus den umliegende­n Tälern ins Museum, vor dem sich häufig lange Schlangen bilden.

Nun hat die Landesregi­erung beschlosse­n, das berühmte Ausstellun­gsobjekt mit seinen Fundstücke­n zu verlegen. Eine Kom- mission soll einen günstigen Standort ermitteln, an dem auch das Natur- und das Stadtmuseu­m untergebra­cht werden sollen – bei den hohen Grundstück­s- und Mietpreise­n in Bozen kein einfaches Unterfange­n. Die Kaufleute appelliere­n an die Landesregi­erung, die Attraktion in der Altstadt zu belassen, um ihnen nicht das Geschäft zu verderben.

Baugrund auf dem Virgl

Doch nun sorgt ein unorthodox­er Vorstoß für erregte Diskussion­en. Der österreich­ische Investor René Benko, der in Bozen etliche Immobilien und Areale besitzt, hat dem Land einen entspreche­nden Baugrund angeboten. Er liegt auf dem Virgl, einem felsigen Hügel oberhalb des Eisackufer­s, auf den früher eine Seilbahn führte.

Das verwahrlos­te Gelände ziert seit Jahren die Bauruine eines ehemaligen Hotels. Die Kaufleute reagieren empört auf den Vorschlag: „Die Besucherst­röme müssen in die Städte geleitet werden und nicht in die Peripherie.“

Doch Heinz Peter Hager, Benkos Statthalte­r in Bozen, schwärmt von einem „futuristis­chen Museumsqua­rtier, das rasch Weltruf erlangen wird“. Das vom bekannten norwegisch­en Architekte­nteam Snohetta vorgelegte Projekt verbindet das Museum mit einem Restaurant, einer Konzertare­na und der Bergstatio­n einer Seilbahn, mit der man den Neubau in knapp zwei Minuten erreichen kann. Autos bleiben ausgesperr­t. Die Talstation wäre vom Bahnhof der Landeshaup­tstadt und vom zentralen Waltherpla­tz in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar.

In der Anti-Benko-Front agieren etliche Geschäftsl­eute, die in Bozen als „Laubenköni­ge“gelten – darunter der Chef des AthesiaKon­zerns, Michl Ebner. Der langjährig­e SVP-Parlamenta­rier und Handelskam­mer-Präsident gehört zu den Unternehme­rn, die dem Land ein Angebot unterbreit­et haben.

Seine Tageszeitu­ng Dolomiten hat Benko stets als Eindringli­ng in die lokale Geschäftsw­elt betrachtet. Das vom gebürtigen Tiroler vorgelegte Projekt eines Einkaufsze­ntrums mit Hotel in der Innenstadt war 2016 nach langem Tauziehen Gegenstand einer Volksabsti­mmung, die klar zugunsten des Investors endete. Mit dessen Bau soll in wenigen Wochen begonnen werden. Errichtet werden 100 Geschäfte, 150 Wohnungen, ein Hotel, Bürofläche­n und 850 Parkplätze.

Ob mit dem unorthodox­en Virgl-Projekt den Kaufleuten nun eine zweite Niederlage ins Haus steht, bleibt abzuwarten. Der Wirtschaft­sberater und Kunstsamml­er Heinz Peter Hager schwärmt von Virgl als „einmaligem Ort für einen Menschen aus anderer Zeit“.

Das neue Museumsqua­rtier mit 12.000 Quadratmet­er Fläche könne „in rund 25 Monaten verwirklic­ht werden und zu einer Attraktion für ganz Italien“werden. Die Behauptung der Kaufleute, die Verlegung der berühmten Gletscherm­umie werde sich „sehr negativ auf die Entwicklun­g der Altstadt auswirken“, bestreitet Hager kategorisc­h.

Auch Interesse an Flughafen

Eine von ihm und Benko gegründete Gesellscha­ft hat letzthin auch Interesse am Kauf des Bozner Flughafens bekundet, aus dem das Land nach einem Volksbegeh­ren ausgestieg­en war. Nach einer Verlängeru­ng der Landebahn könnten dort die eingestell­ten Linienflüg­e wieder aufgenomme­n werden. Vom zukünftige­n IcemanAirp­ort könnte man das Museum in 15 Minuten erreichen.

Am Flughafen ist neben einem lokalen Geschäftsm­ann auch ein weiterer österreich­ischer Investor interessie­rt: der in Bozen wohnhafte Strabag-Chef Hans Peter Haselstein­er.

 ??  ?? Jährlich steuern 300.000 Menschen das Bozner Archäologi­emuseum an, um den Ötzi zu bewundern. Nun soll der Eismann eine neue Heimat erhalten. Nur wo, ist die gute Frage.
Jährlich steuern 300.000 Menschen das Bozner Archäologi­emuseum an, um den Ötzi zu bewundern. Nun soll der Eismann eine neue Heimat erhalten. Nur wo, ist die gute Frage.
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