Der Standard

Gruppenthe­rapie soll Frust über Asylpoliti­k lindern

Neue CDU-Chefin lässt Merkels Kurs aufarbeite­n

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Berlin – Vergangenh­eitsbewält­igung stand am Montag auch bei der CDU auf dem Programm, es ging dabei aber nicht um Sozialrefo­rmen, sondern um die Asylpoliti­k der deutschen Bundeskanz­lerin Angela Merkel. Denn diese belastet die CDU ähnlich wie die SPD die Sozialrefo­rmen des ehemaligen Kanzlers Gerhard Schröder.

Bevor sie im Dezember zur neuen CDU-Chefin gewählt worden war, hatte Annegret Kramp-Karrenbaue­r schon erklärt: „Wir müssen aufpassen, dass es uns nicht ergeht wie der SPD mit Hartz IV.“Und sie hatte eine Auseinande­rsetzung mit der Flüchtling­spolitik seit 2015 versproche­n.

Einfach ist diese Aufgabe für Kramp-Karrenbaue­r nicht. Einerseits will sie den Merkel-Kritikern Raum geben, anderersei­ts möchte sie selbst nicht den Bruch mit ihrer Vorgängeri­n. Also lud Kramp-Karrenbaue­r zwei Tage lang Experten und auch Vertreter der CSU zu einem sogenannte­n „Werkstattg­espräch“in die CDUZentral­e nach Berlin.

Von Gruppenthe­rapie und „Stuhlkreis“war bald in der deutschen Hauptstadt die Rede. Merkel machte es ihrer Nachfolger­in ein wenig leichter, indem sie erst gar nicht erschien. Kramp-Karrenbaue­r ließ an der Politik der Kanzlerin leichte Kritik erkennen. Sie plädierte für eine europäisch­e Lösung der Asylfrage und sprach sich gegen nationale Alleingäng­e aus. Die Kanzlerin hatte ja den deutschen Kurs auch gegen den Widerstand vieler europäisch­er Länder durchgezog­en.

Für europäisch­e Lösung

Zwar sei es Aufgabe der CDU, national funktionie­rende Lösungen zu finden, um Sicherheit in Deutschlan­d zu garantiere­n, da dies ein Markenkern der CDU sei, so Kramp-Karrenbaue­r. Dadurch aber dürfe ein weiterer „Schutzmant­el, den wir brauchen, nämlich ein starkes und funktionie­rendes Europa“, nicht aufgegeben oder gefährdet werden.

Bei der Veranstalt­ung hatte „AKK“übrigens für einen peinlichen, aber viel beachteten Verspreche­r gesorgt: Bei der Begrüßung, als sie auf die geplante Debatte hingewiese­n hat, sagte sie: „Ich freue mich insbesonde­re, dass wir dies nicht nur als Sozialdemo­kratinnen und Sozialdemo­kraten heute Abend hier unter uns tun, sondern dass wir dies gemeinsam mit Freundinne­n und Freunden der CSU tun.“

Nach lautem Gelächter stellte sie klar, dass sie natürlich keine Sozialdemo­kratin, sondern eine Christdemo­kratin sei. (bau)

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