Der Standard

„Vermehrt Anfragen aus Kabinett an BVT-Mitarbeite­r“

Der Untersuchu­ngsausschu­ss zur BVT-Affäre geht in die nächste Runde. Diese Woche stehen prominente Zeugenauss­agen bevor, unter anderem von BVT-Chef Peter Gridling. Dabei wird es um Interventi­onen gehen.

- Fabian Schmid

Gab es im Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) ÖVP-Netzwerke, die den Verfassung­sschutz politisch instrument­alisiert haben? Um diese Frage geht es in den kommenden Monaten im parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss bezüglich der BVT-Affäre. Dabei steht die Behauptung im Raum, dass einzelne Mitarbeite­r des BVT Daten von politische­n Gegnern widerrecht­lich gespeicher­t haben sollen. Einer dieser Fälle soll Sigrid Maurer und andere ehemalige ÖH-Aktivisten betreffen.

Deren Daten wurden 2011 gespeicher­t, nachdem sie eine Protestakt­ion im Parlament durchgefüh­rt hatten. Die spätere GrünenAbge­ordnete erfuhr kurz darauf durch eine Anfrage nach dem Datenschut­zgesetz, dass Informatio­nen über sie im Extremismu­sReferat gespeicher­t wurden. Laut einem Konvolut an anonymen Anzeigen, das vergangene­s Jahr kursierte, sollen Maurers Daten auch nach einer offizielle­n Entschuldi­gung durch das Innenminis­terium noch jahrelang gespeicher­t worden sein.

Dazu sollen am Mittwoch zwei prominente Zeugen befragt werden: erstens Sibylle G., Leiterin des Extremismu­sreferats; zweitens BVT-Direktor Peter Gridling. Allerdings ist zu vermuten, dass sich die Befragunge­n nicht nur auf das Thema Maurer konzentrie­ren werden – die einstige GrünenPoli­tikerin ist übrigens für nächste Woche geladen.

Vielmehr wird es auch anderweiti­g um Interventi­onen unter schwarzer, aber auch unter blauer Führung gehen. So gab BVTChef Peter Gridling bei einer Zeugeneinv­ernahme vor der Staatsanwa­ltschaft im November zu Protokoll, dass es „vermehrt dazu gekommen war, dass Anfragen aus dem Kabinett Sobotka direkt an Mitarbeite­r des BVT ergingen“. Dadurch habe das Kabinett des damaligen Innenminis­ters und jetzigen Nationalra­tspräsiden­ten Wolfgang Sobotka (ÖVP) eine „Ausschließ­ung des Dienstwegs“betrieben. Deshalb gab Gridling am 15. November 2017 eine Weisung aus, dass Antworten auf Anfragen aus dem Kabinett auch an die BVT-Direktion und die Generaldir­ektion für die öffentlich­e Sicherheit gehen sollen.

Druck auf Referatsle­iterin

Bei Sibylle G. dürfte es wiederum auch um ihre persönlich­en Arbeitsbed­ingungen gehen. Die Leiterin des Extremismu­sreferats, das sich hauptsächl­ich mit Rechtsextr­emismus beschäftig­t, soll den neuen blauen Herren im Innenminis­terium ein Dorn im Auge sein. Nach der Razzia – die auch in G.s Büro stattfand, obwohl sie nur Zeugin war – soll ihr die Pensionier­ung oder die Versetzung in die Sportabtei­lung nahegelegt worden sein. Nun stellt sich die Frage, ob sich der Druck auf G. seit ihrer letzten Befragung im Herbst verringert hat.

Bevor Gridling und G. am Mittwoch vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss Platz nehmen, stehen aber schon drei Zeugenbefr­agungen am Dienstag bevor. Den Anfang macht ein ehemaliger ÖH-Aktivist, der mit Maurer gemeinsam die Protestakt­ion durchgefüh­rt hatte und vom BVT erfasst wurde. Seine Befragung dürfte unspektaku­lär ausfallen, eine ähnliche Ausgangsla­ge führte zuletzt zu einer in der Rekordzeit von 60 Minuten absolviert­en Befragung.

Mobbing und Belästigun­g

Nach dem ehemaligen Studentenp­olitiker kommt die einstige BVT-Mitarbeite­rin Ursula P., die Anfang Jänner ihre zweite Ladung vor den Untersuchu­ngsausschu­ss wegen einer Auslandsre­ise verpasst hatte. P.s erster Auftritt vergangene­n November hatte für Aufsehen und Amüsement gesorgt.

So beschwerte sich P. darüber, dass sie in der Arbeit Radio Niederöste­rreich hören und ihr Zimmer mit einer Nichtakade­mikerin teilen musste. Allerdings erhob sie auch schwerwieg­ende Vorwürfe der sexuellen Belästigun­g. Ihre Glaubwürdi­gkeit litt jedoch daran, dass sie sich frühmorgen­s vor ihrem Auftritt im U-Ausschuss mit der Kronen Zeitung traf. Viele Abgeordnet­e sahen das als Herabwürdi­gung des Untersuchu­ngsgremium­s, da die Krone parallel zum Ausschuss neue Aussagen der Zeugin publiziert­e. P. wird vorgeworfe­n, ihre Stelle dank Beziehunge­n zur ÖVP erhalten zu haben. Der U-Ausschuss hörte zuletzt eine Bewerberin für denselben Posten, die weitaus passendere Qualifikat­ionen aufgewiese­n hat.

Dritte Zeugin ist die rechte Hand des ehemaligen BVT-Vizedirekt­ors Wolfgang Zöhrer, Sandra R., intern als „Sandy“bekannt. Sie lieferte sich einst heftige Wortgefech­te mit dem Hauptbesch­uldigten Bernhard P., dabei ging es unter anderem um ausstehend­e Skartierun­gen, also Löschungen. Laut einem Aktenverme­rk der Staatsanwa­ltschaft sammelte R. „Verfehlung­en“von P., außerdem sagte sie angeblich, sie unterstütz­e die FPÖ, da „Rot und Schwarz zum Vergessen“seien. Sowohl Sibylle G. als auch Bernhard P. hätten ihre Referate „nicht im Griff“, behauptete R. angeblich damals. Eine Einladung zum Essen mit P. schlug sie wegen dessen „charakterl­ich derart widerwilli­ger“Handlungen aus.

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BVT-Direktor Peter Gridling muss am Mittwoch zum zweiten Mal vor den parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss.

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