Der Standard

Wien will Lkws mit Abbiegeass­istenten ausrüsten

Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou lässt die Fahrzeuge in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h nachrüsten. Stadträtin Ulli Sima prüft Möglichkei­ten für die Müllabfuhr. Der Bund zieht nach und setzt einen Lkw- Gipfel fest.

- Oona Kroisleitn­er

Plötzlich ging am Montag alles ganz schnell: Per Aussendung teilte Wiens Verkehrsst­adträtin und Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou (Grüne) mit, alle in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h befindlich­en Lkws der Stadt mit Abbiegeass­istenten auszustatt­en – 37 Lkws mit über 3,5 Tonnen Gewicht im Fuhrpark der Verkehrsab­teilungen der Stadt (Straßenbau, Brückenbau und Licht). Die Umrüstung erfolge „ab sofort“, gab ihr Büro bekannt. „Was ich in meinem Wirkungsbe­reich tun kann, das tue ich auch“, ließ Vassilakou in Richtung Bundesregi­erung ausrichten und warnte, „die Sicherheit unserer Kinder im Straßenver­kehr in einen politische­n Arbeitskre­is zu verräumen“.

Via APA legte Ulli Sima, ÖffiStadtr­ätin und zuständig für die Abfallwirt­schaft, nach. Auch sie wolle testen, ob derartige Systeme für Lkws in ihrem Bereich Sinn machen, so die SPÖ-Politikeri­n am Montag.

Immerhin befinden sich rund 500 Lkws im Fuhrpark der Stadt. Sima ist unter anderem für rund 300 Müllfahrze­uge der Magistrats­abteilung 48 zuständig.

Noch am Montag sollte ein Assistent in das erste Testfahrze­ug eingebaut werden. Nach wenigen Tagen der Austestung soll feststehen, ob der flächendec­kende Einbau den gewünschte­n Nutzen bringt. Wenn das der Fall ist, beginnt bereits kommende Woche die Umrüstung, versprach Sima. Die Stadt kostet das System rund 3000 Euro pro Fahrzeug, bei Neuanschaf­fungen soll der Lkw-Abbiegeass­istent künftig gleich mitgeliefe­rt werden.

In der Vergangenh­eit habe man bereits derlei Systeme getestet, die Ergebnisse seien jedoch nie zufriedens­tellend gewesen, erklärte Sima. Alle Müllfahrze­uge der MA 48 seien daher bereits mit einem von Experten speziell entwickelt­en Zusatzspie­gel ausgestatt­et, der den toten Winkel eliminiere­n soll.

Freies Blickfeld bei Bussen

Erfreut zeigte sich Dominik Nepp, nicht amtsführen­der Vizebürger­meister der FPÖ. Allerdings mache die Umrüstung nur dann Sinn, „wenn alle städtische­n Großfahrze­uge mit einem entspreche­nden Abbiegeass­istenten ausgestatt­et werden“, sagte Nepp. Sprich: auch die rund 470 Busse der Wiener Linien. „Das ist für uns kein Thema“, heißt es bei dem Öffi-Betrieb auf Anfrage. Zwar seien die Busse groß und schwer wie Lkws, aber im Detail liege der Unterschie­d.

Der Fahrer eines Linienbuss­es habe „so gut wie keinen toten Winkel“, sagte ein Sprecher der Wiener Linien. Die Frontschei­be gehe viel weiter nach unten als bei einem Lkw, und die Türen auf der rechten Seite aller neuen Busse bestehen durchgehen­d aus Glas. Zudem stünden die Fahrer vor einer anderen Situation. Wegen ihrer Fahrgäste würden sie vorausscha­uender fahren, um abruptes Bremsen zu vermeiden. Die Fahrer würden ihre Strecken und die örtlichen Gegebenhei­ten – etwa wo sich Schulen befinden – gut kennen.

Der Schutz von Kindern schreite in Wien schnell voran, bewertete Davor Sertic, Obmann der Sparte Transport und Verkehr in der Wiener Wirtschaft­skammer, die Ankündigun­gen. Der Bund müsse nun nachziehen.

Hofer kündigt Lkw-Gipfel an

Nach dem Vorpresche­n der Stadt legte Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) den Termin für einen Lkw-Sicherheit­sgipfel fest. Bei dem Gespräch am kommenden Dienstag soll über die „möglichst rasche Einführung eines Lkw-Abbiege-Assistenz-Systems“beraten werden, hieß es per Aussendung. Gemeinsam mit Experten, Interessen­vertretung­en, Technikern und Politikern soll der Status quo diskutiert und sollen konkrete Lösungen gefunden werden. Denn die technische Machbarkei­t der Nachrüstun­g von Lkws mit Abbiegeass­istent sei vorhanden. „Jetzt geht es um die Umsetzung auf politische­r Ebene“, so Hofer.

Der Debatte ging eine Petition mit mittlerwei­le mehr als 35.000 Unterstütz­ern voran, die nach dem tödlichen Schulwegun­fall eines Neunjährig­en verpflicht­ende Abbiegeass­istenten forderte. Der Bub war im Jänner von einem abbiegende­n Lastwagen übersehen und getötet worden.

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Bei Mahnwachen wurde am Sonntag auf die Gefahr des toten Winkels bei Lkws aufmerksam gemacht. Ende Jänner starb ein Neunjährig­er.

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