Der Standard

Aufbruch mit Risiken

- Birgit Baumann

Und sie lebt doch noch. Lange Zeit hatte man sich ja schon darauf eingericht­et, der deutschen Sozialdemo­kratie beim Dahinsiech­en zusehen zu müssen. Millionen an Wählern hat sie in den vergangene­n Jahren verloren und zigtausend­e Mitglieder. Die Werte in Umfragen kannten nur eine Richtung: steil nach unten, manchmal sogar schon hinter die Grünen und hinter die AfD.

Doch nun gibt die SPD ein kräftiges Lebenszeic­hen von sich. Die Parteispit­ze legt ein rotes Konzept auf den Tisch, das viele Genossen an Weihnachte­n im Februar glauben lässt. Mehr Geld vom Staat für Bedürftige – der Gabentisch von Parteichef­in Andrea Nahles biegt sich unter den Verheißung­en, die allesamt von einer Schleife mit folgender Aufschrift zusammenge­halten werden: Wir kümmern uns wieder um die kleinen Leute.

Und damit auch alle das ohnehin Offensicht­liche mitbekomme­n, betont es Nahles noch einmal extra: Das ist der Abschied von Gerhard Schröders Sozialrefo­rmen, von deren Folgen sich die SPD bis heute nicht erholt hat.

Sie hat herumgedre­ht, nachgebess­ert und repariert, aber sich nie an den ganz großen Brocken herangetra­ut. Denn die SPD-Führung wusste natürlich, dass diese Sozialrefo­rmen ein Grund für den wirtschaft­lichen Aufschwung Deutschlan­ds nach 2005 waren. Doch jetzt, da die Arbeitslos­igkeit seit langem niedrig ist, will sich die SPD wieder mehr um die Schwachen und auch sich selbst kümmern.

Man kann es verstehen und darf auch nicht vergessen, dass trotz der jahrelange­n guten konjunktur­ellen Lage viele Menschen in Deutschlan­d in Armut leben.

Allerdings ist dieser neue Weg nicht frei von Risiken. Mit dem Koalitions­partner CDU/CSU wird die SPD ihre Pläne kaum umsetzen können. Sie bräuchte eine linke Mehrheit, aber diese ist nicht in Sicht.

Zudem ist unklar, wie die SPD die Mittel für ihre Vorhaben aufbringen will. Gerade erst hat der deutsche Finanzmini­ster Olaf Scholz darauf hingewiese­n, dass ihm bis zum Jahr 2023 wegen der einbrechen­den Konjunktur wohl 25 Milliarden Euro fehlen werden. Scholz ist auch SPDVize – in seiner Person manifestie­rt sich ein Hauptmakel dieser neuen Pläne: Man will geben, hat aber nicht genug.

Dennoch ist eine SPD, die wieder atmet, besser für das Land als eine, die nur noch jammernd siecht. Politik könnte in Deutschlan­d wieder spannend werden. Eine Diskussion sind die roten Pläne allemal wert.

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