Frauen als Mittel zu Orbáns Zweck
Ungarns Regierung drängt Frauen in die Mutterrolle – und in die Abhängigkeit
Viktor Orbán nutzt als Stütze seiner Macht die Angst – besonders jene vor Migration. Immer wieder schürt er Furcht vor „Überfremdung“und „Bevölkerungsaustausch“. Sein neuestes Mittel dagegen, nach Propaganda, Zäunen und Zwietracht: Es soll mehr Ungarn geben!
Die konkrete Idee: Jede Frau unter 40, die zum ersten Mal heiratet, erhält einen Kredit in Höhe von zehn Millionen Forint. Man könnte auch sagen: Sie bekommt eine Schuldenlast von 31.000 Euro aufgebürdet. Die Rückzahlung wird bei der Geburt des ersten Kindes für drei Jahre ausgesetzt. Nach dem zweiten wird ein Drittel des Kredits, nach dem dritten der gesamte Betrag erlassen. Frauen mit vier oder mehr Kindern zahlen bis an ihr Lebensende keine Einkommensteuer.
Das gibt schon auf den ersten Blick viel Anlass für Kritik: Nicht nur bleibt die Hilfe Frauen über 40, unverheirateten und zum wiederholten Mal verheirateten Müttern verwehrt. Fatal ist auch die mögliche Schuldenfalle, sollte eine Frau doch nur ein oder zwei Kinder bekommen.
Außerdem steckt dahinter Rassismus: Bestimmte Kinder sind erwünscht und förderungsbedürftig, andere nicht. Ständig warnt Orbán vor der Gefahr des Bevölkerungswachstums bei Musliminnen und Afrikanerinnen. Zugleich schafft er für weiße Frauen neue finanzielle Anreize für Mutterschaft. tatt über geordnete Migration auch nur nachzudenken, reduziert Orbán Frauen auf die Funktion als Gebärmaschine – solange sie Ungarinnen sind. Erinnerungen an die Vorstellung, Kinder für den „Volkskörper“zu produzieren, werden wach.
Das Vorhaben drängt Frauen zurück an den Herd, zurück in die Mutterrolle. Vor allem aber wird Abhängigkeit auf zahlreichen Ebene aufgebaut beziehungsweise verstärkt. Bereits jetzt ist die Geburt auch nur eines Kindes mit enormen Gehaltseinbußen für Frauen verbunden. Mit der Notwendigkeit, drei Kinder zu bekommen, um den Kredit nicht zurückzahlen zu müssen, wird der Wiedereinstieg ins Berufsleben weiter erschwert. Besonders zynisch erscheint dann, dass Orbán Frauen mit vier und mehr Kindern die Steuer auf jenes Einkommen, das sie dann mangels Job ohnehin nicht mehr beziehen, gnädig erlässt.
SFür autoritäre Regierungschefs wie Orbán sind, wenn sie einmal an der Macht sind, Frauen nur noch Mittel zum Zweck. Sie sind nicht an ihrem Wohl interessiert, sondern daran, ihre Körper für ihre politische Agenda zu nutzen.
Nachdem die wissenschaftliche Aufarbeitung von Diskriminierung, wie in den Gender-Studies, in Ungarn bereits stark beschnitten worden ist, ist das die nächste antifeministische Maßnahme, die frauenpolitische Errungenschaften der letzten Jahrzehnte infrage stellt.
Zudem belegen Studien, dass finanzielle Anreize isoliert keinen Einfluss
Als sie im weißen Kleid ihr Siegerlied sang, atmete das konservative Amerika auf. Zwar hatte bei der 61. Grammy-Verleihung in Los Angeles am Sonntag eine Frau die Trophäe für das „Beste Album des Jahres“erhalten, aber immerhin eine aus dem Country-Fach: die 30-jährige Kacey Musgraves für Golden Hour.
Aber vielleicht muss dieses Amerika genauer hinhören. Zwar zeigt Musgraves sich gerne mit Kuhbubenhut, Country kann man ihre eher poppige Middle-ofthe-Road-Musik nur nennen, wenn man weiß, wie weit der Begriff schon ausgereizt ist. Im Vergleich zu Kacey Musgraves ist Dolly Parton Wayne.
Musgraves war mit vier Trophäen die große Gewinnerin der 61. Grammy Awards. Bekannt wurde sie noch als Teenager über das Reality-Format Nashville Star. Da versandete sie zwar im Mittelfeld, doch Mercury Records nahm die junge Frau unter Vertrag. Sie veröffentlichte die in der Zielgruppe viel beachteten Alben Same Trailer Different Park und Pageant Material, bevor sie sich und ihren Fans ein Weihnachtsalbum gönnte.
Ihr nun preisgekröntes Golden Hour bezieht sich auf ihre gleichnamige Geburtsstadt Golden in Texas. Doch an- John auf die Geburtenrate haben. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt dabei eine viel größere Rolle. Und selbst wenn die Geburtenrate in Ungarn ein wenig steigt, dann wäre das die Folge von staatlichem Druck in einem sehr sensiblen und persönlichen Lebensbereich. Auch das wäre abzulehnen.
Eine Konsequenz wird es sicher geben: den Widerstand von Frauen – etwa durch Auswanderung. Hunderttausende, vor allem besser gebildete, leben mittlerweile im Ausland. In welcher Form auch immer die Ungarinnen dagegen protestieren, sie werden sich das nicht gefallen lassen.