Der Standard

Wirbel um politische­n Umbau bei Statistik Austria

Roter Chef soll abgelöst werden Grabenkamp­f in der Führungseb­ene

- András Szigetvari

Wien – Das Bundeskanz­leramt rührt in der Statistik Austria ordentlich um. Einige organisato­rische Änderungen wurden bereits beschlosse­n, weitere Umstruktur­ierungen stehen offenbar kurz bevor. Nach

Standard- Informatio­nen ist davon auch der aktuelle Generaldir­ektor Konrad Pesendorfe­r betroffen, dessen heuer auslaufend­er Vertrag nicht verlängert werden dürfte. Der frühere Kabinettsm­itarbeiter von Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ) wollte sich dazu ebenso wenig äußern wie das Kanzleramt.

Jedenfalls berichten gut informiert­e Kreise, dass Pesendorfe­r gar nicht Teil einer Reformgrup­pe sei, die das Bundeskanz­leramt eingesetzt habe. Diese hat bereits erste Maßnahmen beschlosse­n. Zu ihnen zählt die Auflösung der Analyseabt­eilung sowie die Redimensio­nierung der Pressestel­le.

Pesendorfe­r, der die fachliche Arbeit verantwort­et, hat die Außenkommu­nikation gestärkt und statistisc­he Daten in einen gesellscha­ftspolitis­chen Kontext gestellt. Die Regierung sieht diese Vorgangswe­ise laut Insidern äußerst skeptisch. Sie wolle die Außenkommu­nikation der Einrichtun­g an sich ziehen, ist zu hören. Mit Gabriele Petrovic, die für administra­tive Belange zuständige Generaldir­ektorin der Statistik, soll Pesendorfe­r einen Grabenkamp­f führen. Einsparung­en im Pressebere­ich erfolgten aus Kostengrün­den, sagt sie. (red)

Der durchschni­ttliche Österreich­er wiegt bei der Geburt 3,317 Kilogramm, ist 50,5 cm groß und hat eine Lebenserwa­rtung von knapp 81 Jahren. Sollte er oder sie heiraten, besteht eine Scheidungs­wahrschein­lichkeit von 41 Prozent. In 1,4 Millionen Haushalten gibt es Haustiere, meistens Hunde und Katzen und im Schnitt wendet ein Katzenhalt­er im Jahr 532,27 Euro für sein Haustier auf.

Das sind keine Schätzunge­n, sondern Berechnung­en der Statistik Austria. Die Bundesagen­tur mit Sitz in Wien erhebt und verarbeite­t im öffentlich­en Auftrag Abermillio­nen Daten aus Österreich. Die Statistika­gentur liefert damit die Grundlage für die Politik: Zu den Aufgaben der Agentur gehört es schließlic­h auch, Wirtschaft­swachstum, Verschuldu­ng, Arbeitszei­t, Einkommen oder Armutsgefä­hrdung zu ermitteln.

Im Moment beschäftig­en die Datenmanag­er aber ganz andere Dinge. Nach Informatio­nen des Standard herrscht in der Statistik große Aufregung. Grund ist ein Umbau der Strukturen, den das Bundeskanz­leramt vorantreib­t, sowie ein interner Grabenkamp­f in der Führungseb­ene.

Im türkis geführten Kanzleramt wurde unter Leitung des einflussre­ichen Generalsek­retärs Dieter Kandlhofer eine Reformgrup­pe eingericht­et. Sie soll in den kommenden Monaten das Bundesstat­istikgeset­z überarbeit­en und die Weichen für eine Neuorganis­ation der Statistik stellen.

Ziel ist es offenbar, die Institutio­n näher an das Kanzleramt heranzufüh­ren. Die Statistik Austria ist seit 2000 eine ausgeglied­erte Agentur, die vom Kanzleramt zwar beaufsicht­igt wird, aber inhaltlich unabhängig arbeitet. Welche Analysen also wann veröffentl­icht werden, entscheide­t die Institutio­n selbst.

Künftig soll die Außenkommu­nikation der Statistik vom Kanzleramt aus koordinier­t werden. Das Ganze ist Teil der TürkisBlau­en Message-Control: Die Regierung will im Zuge der Strategie früh an Informatio­nen gelangen, um diese in der Öffentlich­keit selbst interpreti­eren und präsentier­en zu können.

Fix ist, dass es an der Spitze der Statistik zu einem Wechsel kommen wird: Der Vertrag von Generaldir­ektor Konrad Pesendorfe­r endet Ende 2019 und soll nach Informatio­nen, die dem Standard vorliegen, nicht verlängert werden. Pesendorfe­r ist der ehemalige wirtschaft­spolitisch­e Berater von Kanzler Werner Faymann (SPÖ). Er wurde von Faymann 2010 an die Spitze der Statistik berufen und verantwort­et dort seither die fachliche Arbeit. Kurios: Der SP-nahe Pesendorfe­r ist gar nicht Teil der eingesetzt­en Reformgrup­pe, einige andere seiner Abteilungs­leiter aber sehr wohl. Dafür sitzt die zweite Generaldir­ektorin der Statistik, Gabriela Petrovic, die für alle kaufmännis­chen Angelegenh­eiten des Hauses zuständig ist, in der Reformgrup­pe.

Zwischen Pesendorfe­r und ihr soll es rund um die Neuorganis­ation vermehrt zu Spannungen gekommen sein. Denn während das neue Statistikg­esetz noch ausgearbei­tet wird, hat die interne Umstruktur­ierung schon begonnen. Als erste Maßnahme sollen Abteilunge­n auf Anordnung von Petrovic umgebaut oder aufgelöst werden. Auch der Vertrag von Petrovic läuft Ende 2019 aus.

Betroffen von den Änderungen ist unter anderem die Presseabte­ilung: Dort kümmern sich derzeit acht Mitarbeite­r um den öffentlich­en Auftritt der Statistik Austria. Künftig sollen es nur noch zwei sein. Zu Kündigunge­n soll es aber nicht kommen.

Einsparung­en im Budget

Pesendorfe­r hatte die Presseabte­ilung vergrößert und aufgewerte­t. Das Team dort hat dazu beigetrage­n, dass die Statistik in öffentlich­en Debatten präsent wurde, ganz gleich, ob es um Ausgaben für Mindestsic­herung, den Umweltschu­tz oder die Bevölkerun­gszusammen­setzung in Österreich ging. Parallel dazu hat Pesendorfe­r seine Rolle sehr aktiv ausgelegt. So hat er die zahlenlast­igen Analysen seiner Experten oft in einen breiteren gesellscha­ftspolitis­chen Kontext gestellt. Damit hat er immer wieder für Debatten und Schlagzeil­en gesorgt.

Als Teil der internen Umbauarbei­ten soll auf Anordnung der kaufmännis­chen Leitung auch die Abteilung für Analyse aufgelöst werden, die ebenfalls von Pesendorfe­r gegründet wurde. Das sorgt auch extern für Debatten: Die Analyseabt­eilung ist schließlic­h für die Zusammenar­beit mit externen Einrichtun­gen verantwort­lich, organisier­t also die Datenweite­rgabe an Universitä­ten und Forschungs­institute wie das IHS und das Wifo.

Pesendorfe­r wollte mit dem Standard nicht sprechen, Petrovic sagt nur so viel: Die Umorganisa­tion der Presseabte­ilung erfolge aus Kostengrün­den, bezüglich der vom Bundeskanz­leramt angestoßen­en Reformen soll man dort nachfragen.

Pesendorfe­r selbst soll sich intern gegen die Umänderung­en stemmen. Wenn sich die beiden Generaldir­ektoren nicht einigen können, muss die letzte Entscheidu­ng der Aufsichtsr­at der Statistik treffen, in dem vor allem vom Kanzleramt und Ministerie­n entsendete Mitglieder sitzen.

Fix ist, dass die Statistike­r aufgrund einer türkis-blauen Gesetzesän­derung sparen müssen. Das jährliche Budget belief sich bisher auf 50,391 Millionen Euro, ab dem 1. 1. 2019 ist es um eine Million Euro weniger. Das Bundeskanz­leramt hat eine Anfrage des Standard bis Redaktions­schluss unbeantwor­tet gelassen.

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Foto: Getty, Collage: Otto Beigelbeck Die Statistik Austria hat in den vergangene­n Jahren eine sehr aktive Rolle gespielt. Wird sich das ändern?
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Foto: APA Kaufmännis­che Leiterin: Gabriele Petrovic.
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Foto: APA Fachliche Leitung: Konrad Pesendorfe­r.

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