Wirbel um politischen Umbau bei Statistik Austria
Roter Chef soll abgelöst werden Grabenkampf in der Führungsebene
Wien – Das Bundeskanzleramt rührt in der Statistik Austria ordentlich um. Einige organisatorische Änderungen wurden bereits beschlossen, weitere Umstrukturierungen stehen offenbar kurz bevor. Nach
Standard- Informationen ist davon auch der aktuelle Generaldirektor Konrad Pesendorfer betroffen, dessen heuer auslaufender Vertrag nicht verlängert werden dürfte. Der frühere Kabinettsmitarbeiter von Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ) wollte sich dazu ebenso wenig äußern wie das Kanzleramt.
Jedenfalls berichten gut informierte Kreise, dass Pesendorfer gar nicht Teil einer Reformgruppe sei, die das Bundeskanzleramt eingesetzt habe. Diese hat bereits erste Maßnahmen beschlossen. Zu ihnen zählt die Auflösung der Analyseabteilung sowie die Redimensionierung der Pressestelle.
Pesendorfer, der die fachliche Arbeit verantwortet, hat die Außenkommunikation gestärkt und statistische Daten in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt. Die Regierung sieht diese Vorgangsweise laut Insidern äußerst skeptisch. Sie wolle die Außenkommunikation der Einrichtung an sich ziehen, ist zu hören. Mit Gabriele Petrovic, die für administrative Belange zuständige Generaldirektorin der Statistik, soll Pesendorfer einen Grabenkampf führen. Einsparungen im Pressebereich erfolgten aus Kostengründen, sagt sie. (red)
Der durchschnittliche Österreicher wiegt bei der Geburt 3,317 Kilogramm, ist 50,5 cm groß und hat eine Lebenserwartung von knapp 81 Jahren. Sollte er oder sie heiraten, besteht eine Scheidungswahrscheinlichkeit von 41 Prozent. In 1,4 Millionen Haushalten gibt es Haustiere, meistens Hunde und Katzen und im Schnitt wendet ein Katzenhalter im Jahr 532,27 Euro für sein Haustier auf.
Das sind keine Schätzungen, sondern Berechnungen der Statistik Austria. Die Bundesagentur mit Sitz in Wien erhebt und verarbeitet im öffentlichen Auftrag Abermillionen Daten aus Österreich. Die Statistikagentur liefert damit die Grundlage für die Politik: Zu den Aufgaben der Agentur gehört es schließlich auch, Wirtschaftswachstum, Verschuldung, Arbeitszeit, Einkommen oder Armutsgefährdung zu ermitteln.
Im Moment beschäftigen die Datenmanager aber ganz andere Dinge. Nach Informationen des Standard herrscht in der Statistik große Aufregung. Grund ist ein Umbau der Strukturen, den das Bundeskanzleramt vorantreibt, sowie ein interner Grabenkampf in der Führungsebene.
Im türkis geführten Kanzleramt wurde unter Leitung des einflussreichen Generalsekretärs Dieter Kandlhofer eine Reformgruppe eingerichtet. Sie soll in den kommenden Monaten das Bundesstatistikgesetz überarbeiten und die Weichen für eine Neuorganisation der Statistik stellen.
Ziel ist es offenbar, die Institution näher an das Kanzleramt heranzuführen. Die Statistik Austria ist seit 2000 eine ausgegliederte Agentur, die vom Kanzleramt zwar beaufsichtigt wird, aber inhaltlich unabhängig arbeitet. Welche Analysen also wann veröffentlicht werden, entscheidet die Institution selbst.
Künftig soll die Außenkommunikation der Statistik vom Kanzleramt aus koordiniert werden. Das Ganze ist Teil der TürkisBlauen Message-Control: Die Regierung will im Zuge der Strategie früh an Informationen gelangen, um diese in der Öffentlichkeit selbst interpretieren und präsentieren zu können.
Fix ist, dass es an der Spitze der Statistik zu einem Wechsel kommen wird: Der Vertrag von Generaldirektor Konrad Pesendorfer endet Ende 2019 und soll nach Informationen, die dem Standard vorliegen, nicht verlängert werden. Pesendorfer ist der ehemalige wirtschaftspolitische Berater von Kanzler Werner Faymann (SPÖ). Er wurde von Faymann 2010 an die Spitze der Statistik berufen und verantwortet dort seither die fachliche Arbeit. Kurios: Der SP-nahe Pesendorfer ist gar nicht Teil der eingesetzten Reformgruppe, einige andere seiner Abteilungsleiter aber sehr wohl. Dafür sitzt die zweite Generaldirektorin der Statistik, Gabriela Petrovic, die für alle kaufmännischen Angelegenheiten des Hauses zuständig ist, in der Reformgruppe.
Zwischen Pesendorfer und ihr soll es rund um die Neuorganisation vermehrt zu Spannungen gekommen sein. Denn während das neue Statistikgesetz noch ausgearbeitet wird, hat die interne Umstrukturierung schon begonnen. Als erste Maßnahme sollen Abteilungen auf Anordnung von Petrovic umgebaut oder aufgelöst werden. Auch der Vertrag von Petrovic läuft Ende 2019 aus.
Betroffen von den Änderungen ist unter anderem die Presseabteilung: Dort kümmern sich derzeit acht Mitarbeiter um den öffentlichen Auftritt der Statistik Austria. Künftig sollen es nur noch zwei sein. Zu Kündigungen soll es aber nicht kommen.
Einsparungen im Budget
Pesendorfer hatte die Presseabteilung vergrößert und aufgewertet. Das Team dort hat dazu beigetragen, dass die Statistik in öffentlichen Debatten präsent wurde, ganz gleich, ob es um Ausgaben für Mindestsicherung, den Umweltschutz oder die Bevölkerungszusammensetzung in Österreich ging. Parallel dazu hat Pesendorfer seine Rolle sehr aktiv ausgelegt. So hat er die zahlenlastigen Analysen seiner Experten oft in einen breiteren gesellschaftspolitischen Kontext gestellt. Damit hat er immer wieder für Debatten und Schlagzeilen gesorgt.
Als Teil der internen Umbauarbeiten soll auf Anordnung der kaufmännischen Leitung auch die Abteilung für Analyse aufgelöst werden, die ebenfalls von Pesendorfer gegründet wurde. Das sorgt auch extern für Debatten: Die Analyseabteilung ist schließlich für die Zusammenarbeit mit externen Einrichtungen verantwortlich, organisiert also die Datenweitergabe an Universitäten und Forschungsinstitute wie das IHS und das Wifo.
Pesendorfer wollte mit dem Standard nicht sprechen, Petrovic sagt nur so viel: Die Umorganisation der Presseabteilung erfolge aus Kostengründen, bezüglich der vom Bundeskanzleramt angestoßenen Reformen soll man dort nachfragen.
Pesendorfer selbst soll sich intern gegen die Umänderungen stemmen. Wenn sich die beiden Generaldirektoren nicht einigen können, muss die letzte Entscheidung der Aufsichtsrat der Statistik treffen, in dem vor allem vom Kanzleramt und Ministerien entsendete Mitglieder sitzen.
Fix ist, dass die Statistiker aufgrund einer türkis-blauen Gesetzesänderung sparen müssen. Das jährliche Budget belief sich bisher auf 50,391 Millionen Euro, ab dem 1. 1. 2019 ist es um eine Million Euro weniger. Das Bundeskanzleramt hat eine Anfrage des Standard bis Redaktionsschluss unbeantwortet gelassen.