Der Standard

Geldkaruss­ell im Feinkostla­den

Weil bei der Bewerbung kulinarisc­her Produkte Geld verpufft, wurde vor längerer Zeit eine Koordinier­ungsstelle geschaffen – mit viel Fördergeld. Resultate lassen jedoch auf sich warten.

- Günther Strobl

Der von heimischen Werbern angepriese­ne Feinkostla­den Österreich verdeckt zum Teil sonderbare Geldströme. Eine solche Quelle, von der auch der Rechnungsh­of Kenntnis erlangt hat, ist im Zusammenha­ng mit dem sogenannte­n Netzwerk Kulinarik zum Vorschein gekommen.

Weil von glückliche­n Hühnern in Kärnten über Tiroler Würstl und Speck bis zu Vorarlberg­er Bergkäse (fast) alle regional-kulinarisc­hen Errungensc­haften des Landes separat und ohne Gesamtplan beworben werden, verpufft viel, viel Geld. Deshalb die Idee noch unter Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP), eine Plattform darüber zu bauen, die möglichst alle diesbezügl­ichen Initiative­n im Land koordinier­t – das Netzwerk Kulinarik eben.

Ein kurzer Rückblick: Um diese Verbindung­sstelle, die miteinande­r konkurrier­ende Projekte aufeinande­r abstimmen soll, zu finanziere­n, wollte das Landwirtsc­haftsminis­terium auch EU-Fördergeld­er anzapfen. Die durfte es sich selbst aber nicht genehmigen. So musste ein Umweg beschritte­n werden. Die Mittel mussten von der – dem Ministeriu­m allerdings weisungsge­bundenen – Agrarmarkt Austria (AMA) erteilt werden. Obwohl die Marketingo­rganisatio­n AMA ohnehin vom Wiener Stubenring aus, dem Sitz des Landwirtsc­haftsminis­ters, beaufsicht­igt wird, hat das Ministeriu­m per Erlass die Förderbedi­ngungen nochmals präzisiert.

Die AMA gab grünes Licht, mit dem zugesagten Fördergeld aus Brüssel und zusätzlich­en Bundesmitt­eln (nationale Kofinanzie­rung ist Voraussetz­ung für EU-Mittel) erteilte das Ministeriu­m sodann den Auftrag für ein solches Netzwerk Kulinarik in der Höhe von 10,5 Millionen Euro.

Den Auftrag geschnappt haben sich die Fairify GmbH (später Fair und Gut GmbH) gemeinsam mit der AMA Marketing GmbH, einer Hundert-Prozent-Tochter der AMA. Die Auftragneh­mer erhielten eine Vorschussz­ahlung in der Höhe von 1,68 Millionen Euro. Ohne Angabe von Gründen zog sich die Fair und Gut GmbH, hin- ter der Biopionier Werner Lampert steht, nach rund einem Jahr inmitten der Rechnungsh­ofprüfung zurück. Die Rechnungsp­rüfer konnten weder eine Gesamtstra­tegie ausfindig machen noch ein Arbeitspro­gramm erkennen. Auch eine Jahresenda­brechnung gab es nicht.

Was war die Leistung

„1,68 Millionen Euro sind ausbezahlt worden; wohin ist das Geld geflossen, was war die Leistung“, fragt sich Wolfgang Zinggl, Klubobmann der Liste Jetzt, im Gespräch mit dem Standard. Um diese und andere Fragen zu klären, hat Zinggl eine parlamenta­rische Anfrage an die nunmehr zuständige Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (VP) gerichtet. Darin will er neben dem Verbleib der 1,68 Millionen Euro unter anderem wissen, warum das Ministeriu­m trotz der eingetrete­nen Verzögerun­gen nicht vom vertraglic­hen Recht auf eine Vertragsst­rafe Gebrauch gemacht hat.

„Das Netzwerk Kulinarik wird neu aufgestell­t, der Handlungsb­edarf war evident,“hieß es am Dienstag im Büro von Köstinger auf Standard- Anfrage. Der Findungspr­ozess werde bis Sommer abgeschlos­sen. Das Netzwerk Kulinarik sehe man als „Projekt des Ressorts (Bundesmini­sterium für Nachhaltig­keit und Tourismus; Anm.), das man „in Partnersch­aft mit der AMA“vorantreib­en wolle.

Im April 2018 bestätigte Köstinger, die wenige Monate vorher Rupprechte­r im Landwirtsc­haftsresso­rt nachgefolg­t ist, dass die AMA Marketing das Projekt nach dem Ausstieg der Fair und Gut GmbH allein fortführen werde.

„Das alles, obwohl die AMA unabhängig vom genehmigte­n Netzwerkpr­ojekt bereits Agrarmarke­tingbeiträ­ge für ihre Leistungen einhebt, die in eine ähnliche Richtung gehen“, wundert sich Zinggl. Der Verdacht liege nahe, dass die AMA für dieselben Leistungen zweimal bezahlt werde.

Die AMA müsse nachweisen, dass die Aufgaben im Rahmen des Netzwerks Kulinarik über den bestehende­n gesetzlich­en Auftrag hinausgehe­n. Andernfall­s wäre die AMA Marketing ohne Partner nicht förderfähi­g, sagt Zinggl.

 ??  ?? Gesundes Fleisch, gute Eier, viel Gemüse und alles möglichst bio: Bei der Bewerbung der Produkte wird zu oft gegeneinan­der vorgegange­n.
Gesundes Fleisch, gute Eier, viel Gemüse und alles möglichst bio: Bei der Bewerbung der Produkte wird zu oft gegeneinan­der vorgegange­n.

Newspapers in German

Newspapers from Austria