Eisiger Start in die Protestwoche
Seit Dienstag wird österreichweit für bessere Arbeitsbedingungen im Sozialbereich gestreikt. Eine Einigung ist noch nicht in Sicht.
Heidemarie Frühauf lässt sich von der eisigen Kälte nicht bremsen. Mit dutzenden weiteren Demonstranten versammelte sich die Betriebsratschefin des Wiener Hilfswerks am Dienstagmorgen vor der Drogenund Suchtberatungsstelle der Bundeshauptstadt. Sie seien hier, um ihre Kolleginnen und Kollegen im Streik zu unterstützen, sagt Frühauf. Sie selbst arbeitete jahrelang bei den Hilfswerken, nun engagiert sie sich dort für bessere Arbeitsbedingungen.
Schichtdienst mit geteilten Diensten mache einen Ausgleich zur Arbeitszeit so gut wie unmöglich. Der Druck werde auf immer weniger Schultern verteilt. „Das schlägt sich auch auf die Gesundheit nieder. Immer wieder werden Kollegen längere Zeit krank“, klagt Frühauf. In der mobilen Heimhilfe werde zudem die Zeit für die Betreuten immer knapper.
Wut und Entschlossenheit
Die Streikenden sind wütend, denn die Arbeitsbedingungen im Sozialbereich würden nicht besser. Das Gegenteil ist laut Michaela Guglberger von der Dienstleistungsgewerkschaft Vida der Fall. Sie hat jahrelang als Heimhelferin gearbeitet. Und es ist unverständlich für sie, warum bei einem aktuellen Fachkräftemangel nichts für die Attraktivität der Stellen getan werde. „Der Sozialbereich hat ein gutes Image. Dieses muss uns als Gesellschaft aber auch etwas wert sein“, fordert Guglberger.
Vor einigen Jahren waren ihre Kollegen kaum zum Arbeitskampf zu bewegen, da sie ihre Betreuten nicht im Stich lassen wollten, erzählt sie. „Das Verantwortungsgefühl für unsere Klienten ist hoch, aber die zunehmende Verschlechterung der Arbeitsbedingungen ist einfach nicht mehr hinnehmbar“, beschreibt Guglberger den inneren Zwiespalt der Streikenden.
Notdienste gewähren zwar die Grundversorgung, die Nachteile für die Klienten beschäftigen die Streikenden trotzdem. „Wir arbeiten eben mit Menschen und nicht mit Autos“, stellt die ehemalige Heimhelferin klar. Die Bedingungen am Arbeitsplatz wirken sich aber gerade im Sozialbereich direkt auf die Betreuten aus. Bessere Bedingungen führten zu besseren Angeboten, darüber sind sich die Protestierenden einig.
Zuspitzung der Lage
„Bei jeder Verhandlungsphase der vergangenen Jahre wurde uns von den Beschäftigten erzählt, dass es dieses Mal so schlimm wie noch nie sei“, weist Guglberger auf die Zuspitzung der Lage in der Sozialwirtschaft hin.
Gleichzeitig beschreibt sie die Bediensteten als „sehr motiviert“. Die Initiative zum Arbeitskampf kam eindeutig vonseiten der Men- schen in den Betrieben, hebt Guglberger hervor.
Neben den dreitägigen Warnstreiks finden in zahlreichen Betrieben auch Betriebsversammlungen statt. „Da unterscheide ich nicht – für mich ist eine Betriebsversammlung genauso Teil des Arbeitskampfes wie unsere Warnstreiks“, betont Frühauf mit Blick auf die anstehende Betriebsversammlung des Wiener Hilfswerks am Nachmittag.
Die Protestaktionen sollen im Laufe der Woche noch mehr Fahrt aufnehmen. Am Donnerstag demonstrieren die Streikenden ab 13 Uhr in der Mariahilfer Straße. Am 18. Februar startet die nächste Verhandlungsrunde.