Wuchtiges von LCD Soundsystem
Drei Coverversionen und Altes, neu eingespielt. Klingt nicht berauschend, ist es aber: Die „Electric Lady Sessions“des LCD Soundsystem.
Ohne Verweis auf die Vergangenheit geht es nicht. Die US-Band LCD Soundsystem redefiniert seit ihrem Auftauchen in den Nullerjahren die Bedeutung der frühen 1980er-Jahre. Aus der Musik diverser Band aus der Ära der New Wave und des Postpunk schuf dieses Soundsystem eine sexy Dance-Music, die schon aufgrund ihres Wiederaufbereitungscharakters eine gewisse zeitlose Qualität auszeichnete.
Aus diesem Ins-Jetzt-Katapultieren alter Lieblingsmusik des Chefs der Band, James Murphy, resultierte eine gepflegte Welteroberung. Schließlich kredenzt Murphy seine Musik mit Fanatismus und einer Band, die ihm dabei nicht bloß willig folgt, sondern denselben missionarischen Virus in sich trägt wie der Chef.
Nachdem Murphy das LCD SS vor einigen Jahren auf Eis gelegt und eine Weinbar in New York eröffnet hatte, um sich dem gepflegten Faulsein hinzugeben, musste er dann vor zwei Jahren doch wieder richtiges Geld verdienen. Damals veröffentlichte er das Album
American Dream und ging damit widerwillig auf Welttournee. Denn wenn er etwas hasst, dann ist es touren.
Mit der aktuellen Live-Band hat er schließlich einen Abstecher in die Electric Lady Studios gemacht, die Jimi Hendrix kurz vor seinem Tod eröffnet hat. Für einen Past-Tense-Freak wie Murphy just fair. Entstanden sind Aufnahmen, die nun unter dem Titel
Electric Lady Sessions als Doppelalbum veröffentlicht wurden. Auf eine popelige CD hat Murphy gleich verzichtet und damit die neue Wirklichkeit des Musikgeschäfts unterstrichen: Entweder Streaming oder ein ordentliches Stück Vinyl, da weiß man, was man hat.
Eingespielt haben Murphy und Co alte eigene Songs und drei Coverversionen. Mit Seconds von der britischen Synthie-Pop-Band The Human League eröffnet das Album und nimmt einen gleich gefangen: derber Bass und diese himmelstürmende Euphorie, die der 49-Jährige zu verströmen imstande ist, sobald er ein Mikro vor
seine Lippen hält. Der Mann kann, was er kann.
Die zweite Coverversion ist eine Deutung der Disco-Hymne I Want
Your Love von Chic. Das Original entstand 1978, als es im Studio 54 noch jeden Tag Neuschnee gab – Glory Days für einen wie Murphy. Die Band tut gut daran, diesen Klassiker weitgehend werkgetreu zu interpretieren, aber da musste man bei Murphy keine Angst haben. Etwas seltsam klingt hingegen ihre Deutung von (We Don’t Need This) Fascist Groove Thang.
Das Original stammt von der britschen Band Heaven 17. Ein guter Song und leider immer aktuell. Doch der Gesang von Nancy Whang klingt eine Spur zu sehr nach Minnie Mouse – ist zumindest gewöhnungsbedürftig.
Der gute Rest – und hier ist alles gut – lebt von der Energie und der Wucht der Live-Einspielung. Das ergibt aufregende Versionen von Songs wie Get Innocuous oder
You Wanted A Hit – zart verändert, sexy und scharf. Aber das überrascht bei dieser Band natürlich niemanden.