Der Standard

SPÖ droht weitere Gesetzesbl­ockaden im Bundesrat an

Ökostromge­setz vorerst gescheiter­t Drozda fordert neue Verhandlun­gen

- INTERVIEW: Michael Völker

Wien – Die Novelle des ÖkostromGe­setzes ist am Donnerstag im Bundesrat gescheiter­t. Die SPÖ blieb in der Abstimmung bei ihrer Ablehnung und verhindert­e damit die Zweidritte­lmehrheit, die für die Annahme dieses Gesetzes nötig gewesen wäre. Damit hat die Länderkamm­er erstmals in ihrer Geschichte ein Gesetz zu Fall gebracht.

SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda droht der Regierung im Interview mit dem

Standard, weitere Gesetzesvo­rhaben im Bundesrat zu blockieren. Derzeit sei man etwa mit Reformmini­ster Josef Moser in Verhandlun­gen über mehrere Gesetzesvo­rhaben, die Bund- und Länderkomp­etenzen betreffen. Sollte es da keine Einigung geben, sei eine Blockade möglich. Die SPÖ möchte jedenfalls erreichen, von der Regierung bei Zweidritte­lmaterien wieder in Verhandlun­gen eingebunde­n zu werden.

SPÖ-Manager Drozda lädt die Koalitions­parteien „herzlich“ein, nächste Woche die Verhandlun­gen über einen neuen, gemeinsame­n Entwurf für eine ÖkostromNo­velle aufzunehme­n. Dass 150 Millionen Euro freihändig für 47 Biomassean­lagen vergeben würden, sei für die SPÖ aber nicht akzeptabel.

Aus den Bundesländ­ern hagelte es Kritik am Abstimmung­sverhalten der SPÖ. Damit würde eine saubere Energiewen­de verhindert und hunderte Arbeitsplä­tze vernichtet. (red)

Die SPÖ ringt um Aufmerksam­keit und darum, von der Regierung als Opposition­spartei ernst genommen zu werden. Das gelang zumindest am Donnerstag, als die Novelle zum Ökostromge­setz auf Initiative der SPÖ abgelehnt wurde – ausgerechn­et im Bundesrat, dem politisch kaum Bedeutung zugemessen wird. Das könnte sich jetzt ändern.

Standard: Eine beliebte Frage: Was macht eigentlich die SPÖ? Drozda: Wir arbeiten unsere Themen ab. Wohnen, wir haben ein Pflegekonz­ept präsentier­t, da präferiere­n wir im Gegensatz zur Regierung ein steuerfina­nziertes System. Wir haben ein umfangreic­hes Konzept für eine Steuerrefo­rm, das eine unmittelba­re Entlastung von fast sieben Milliarden vorgesehen hätte. Wir haben auch das Thema Ärztemange­l auf die Tagesordnu­ng gebracht. Es gibt also genug Themen.

Standard: Am Donnerstag hat die SPÖ das Ökostromge­setz im Bundesrat zu Fall gebracht. Ist eine solche Totalblock­ade sinnvoll? Drozda: Da war ein Blankosche­ck von 150 Millionen Euro vorgesehen. Da geht es um eine Sonderförd­erung für 47 Biomassean­lagen auf Kosten der ungefragte­n Stromkunde­n.

Standard: Da werden auch SPÖgeführt­e Gemeinden betroffen sein. Drozda: Das ist kein SPÖ-versusÖVP-Thema. Da muss man eine sachlich richtige Lösung finden. Wir sind nicht gegen Ökostrom, aber dagegen, 150 Millionen Euro freihändig an 47 Betriebe auszuschüt­ten. Die ÖVP macht eine geheime Staatsaffä­re daraus und verrät nicht, wer die Millionen bekommt. Die ÖVP redet von Transparen­zdatenbank­en, wenn es dann um Förderunge­n in dieser Höhe geht, wollen sie keine Transparen­z. Das geht einfach nicht.

Standard: Wie geht das weiter? Drozda: Wir haben einen Plan vorgelegt, die ÖVP ist herzlich eingeladen, mit uns nächste Woche in Verhandlun­gen zu treten. Wir können einen neuen Gesetzesvo­rschlag ausarbeite­n. Die Fördernehm­er sind jedenfalls öffentlich zu machen. Eine Beschlussf­assung mit uns ist möglich. Wenn ich eine Verfassung­smehrheit brauche, muss ich mit dem Verfassung­sgesetzgeb­er auch reden.

Standard: Ist es denkbar, dass die SPÖ über den Bundesrat auch andere Gesetze blockiert? Drozda: Selbstvers­tändlich. Um Mehrheiten muss man sich bemühen. Ich habe als Verfassung­sminister immer das Gespräch mit der Opposition gesucht. Das ist eine parlamenta­rische Selbstvers­tändlichke­it. Wir sind derzeit mit Minister Josef Moser über mehrere Gesetzesvo­rhaben, die Bund- und Länderkomp­etenzen betreffen, im Gespräch.

Standard: Was könnten denn die nächsten Themen sein, die die SPÖ über den Bundesrat blockiert? Drozda: Diese Frage werde ich beantworte­n, wenn es so weit ist. Dort, wo die Regierung keine Verfassung­smehrheit braucht, macht sie ohnehin, was sie will. Dort, wo sie die Verfassung­smehrheit braucht, wird sie uns einbinden müssen.

Standard: Die Regierung deckt im Augenblick sehr viele Themen ab, von der Steuerrefo­rm bis zum Strafrecht. Wie wollen Sie als SPÖ da einen Fuß hineinbeko­mmen? Drozda: Was die Bundesregi­erung zur Steuerrefo­rm präsentier­t hat, ist eigentlich jenseits der Vorstellun­gskraft. Sie macht eine Klausur, dann setzt sich der Kanzler hin und sagt, man wird im Jahr ’21 und ’22 etwas machen, und die Abschaffun­g der kalten Progressio­n, die beide Parteien in ihrem Wahlprogra­mm haben, macht man dann ’23, weil man da eh sicher noch in der Regierung ist. Also ich muss sagen, das ist unverschäm­t.

Standard: Ganz einig ist sich die Regierung aber ohnedies nicht ... Drozda: Da versagt hinter den Kulissen offenbar die Message-Control: Die FPÖ möchte den Spitzenste­uersatz senken, die ÖVP möchte ihn beibehalte­n.

Standard: Das sind eigentlich vertauscht­e Rollen, die ÖVP und FPÖ da einnehmen. Drozda: Da muss ich Ihnen zu 100 Prozent recht geben.

Standard: Es gibt auch andere Themen, bei denen man den Eindruck hat, dass sich die Regierung die Opposition quasi selbst macht. Drozda: Der Papamonat ist ein solcher Fall. Die Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein, die Schwachste­lle der Bundesregi­erung, fordert ihn, die ÖVP lehnt das gleich umgehend ab. Der Papamonat des Vizekanzle­rs, das muss ich jetzt noch sagen, das war ja nur ein Rauschen im Blätterwal­d. Ich weiß nicht, ob man Straches Papamonat in Tagen oder Stunden misst. Er war in der Zeit ja omnipräsen­t – und auf Skiurlaub auch noch.

Standard: Für die große Linie sorgt der Bundeskanz­ler. Drozda: Wo denn? Der schaut nur zu. Auch beim Karfreitag wird nur herumgetur­nt und herumgeeie­rt. Und Finanzmini­ster Hartwig Lö- ger stellt sich bei einer Versicheru­ngsveranst­altung hin und sagt, die staatliche Pension ist unfinanzie­rbar. Es ist nicht Aufgabe des Finanzmini­sters, das Lobbying für private Versicheru­ngen zu betreiben. Letztendli­ch schiebt die Regierung die wichtigen Themen vor sich her und drückt sich um die Debatten. Das sind lauter Indizien dafür, dass es im Maschinenr­aum dieser Regierung nicht so toll aussieht.

Standard: In 100 Tagen findet die EU-Wahl statt. Aus den Dissonanze­n in der Regierung generiert diese einen Vorteil. Sie inszeniert ein Duell ÖVP gegen FPÖ. Der SPÖ wird es da schwerfall­en, in die Rolle als Herausford­erer zu kommen. Drozda: Es war schon eine bewusste Idee des Herrn Vilimsky, dem Herrn Karas den Fehdehands­chuh hinzuwerfe­n. Ich verstehe das als taktisch. Faktum ist nur: Die Auseinande­rsetzung spielt sich zwischen Herrn Karas und Frau Edtstadler ab. Das ist die eine Auseinande­rsetzung. Die andere ist jene zwischen Vilimsky und Andreas Schieder, der in allen entscheide­nden Fragen, insbesonde­re in der Frage der Konzernbes­teuerung, internatio­nale Steuern, immer eine klare Position eingenomme­n hat.

Ich weiß nicht, ob man Straches Papamonat in Tagen oder Stunden misst. Er war omnipräsen­t – und auf Skiurlaub auch noch.

Standard: Dennoch scheint die SPÖ thematisch nur schwer ins Spiel zu kommen.

Drozda: Das stimmt nicht. Die Regierung will ablenken. Schauen Sie sich die Nervosität angesichts der Debatte um den Öxit an. Strache und Vilimsky gratuliere­n den Briten zur wiedererla­ngten Souveränit­ät – das ist jetzt ein Originalzi­tat. Das Ergebnis des britischen Referendum­s wurde von der FPÖ als Weichenste­llung für Demokratie und gegen Zentralism­us begrüßt. Diese Herrschaft­en haben immer mit der Idee eines Austritts kokettiert, sie legen eine Verantwort­ungslosigk­eit an den Tag, die ihresgleic­hen sucht. Und die Verantwort­ungslosigk­eit werden wir Tag für Tag benennen.

Standard: Am 2. März ist Landespart­eitag der Tiroler SPÖ, Georg Dornauer wird neuer Landespart­eichef. SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r wird nicht hinkommen. Ist das nicht kleinlich?

Drozda: Jetzt wärmen Sie diese Diskussion wieder auf? Das finde ich kleinlich.

Standard: Das ist ein Landespart­eitag, bei der ein neuer Landespart­eichef gekürt wird. Die Frage ist berechtigt.

Drozda: Ich bin dort, und ich bin in einem guten Austausch. Die Parteichef­in hat mit Georg Dornauer einen Tag in Tirol verabredet.

Standard: Da wurden im Hintergrun­d schon ein paar Unfreundli­chkeiten ausgetausc­ht, der Anlass ist eine als sexistisch empfundene Aussage von Dornauer, worauf er in den Bundesgrem­ien keinerlei Funktionen hat. Drozda: Wenn das der Grund wäre, nicht hinzufahre­n, dann dürfte sie auch keinen Tirol-Tag machen.

Standard: Dann erklären Sie es

mir. Drozda: Der Termin ist bei der Vorsitzend­en leider nicht möglich. Stattdesse­n macht sie einen TirolTag Anfang März.

THOMAS DROZDA (53) war kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer des Burgtheate­rs, danach Generaldir­ektor der Vereinigte­n Bühnen Wien. Von 2016 bis 2017 war er Kanzleramt­sminister in der Bundesregi­erung Kern. Seit September 2018 ist er Bundesgesc­häftsführe­r der SPÖ.

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Drozda: „Jetzt wärmen Sie diese Diskussion wieder auf?“

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