Der Standard

Rumänien gegen Kövesi

Korruption­sjägerin im Visier der Politik

- Adelheid Wölfl aus Bukarest

Bukarest – In Rumänien sorgt die Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s gegen Laura Kövesi, die angesehene Ex-Chefin der rumänische­n Antikorrup­tionsbehör­de, für heftige Kritik. Die Opposition spricht von „politisch-juristisch­em Hooliganis­mus“. Kövesi ist aussichtsr­eiche Anwärterin auf das Amt der Europäisch­en Generalsta­atsanwälti­n – und der Regierung im eigenen Land ein Dorn im Auge. (red)

Eine neue Sonderermi­ttlungsbeh­örde hat in Rumänien Untersuchu­ngen gegen die ehemalige Leiterin der Antikorrup­tionsbehör­de Laura Kövesi eingeleite­t. Es geht darum, die Juristin zu diskrediti­eren, damit ihre Bewerbung für einen EU-Topjob keinen Erfolg hat.

Die Technik hat in Rumänien eine lange Geschichte: Wenn man den „Feind“politisch oder juristisch nicht fertigmach­en kann, diskrediti­ert man ihn. Genau das wird gerade mit der Ex-Leiterin der Antikorrup­tionsbehör­de DNA, Laura Kövesi, versucht. Die Juristin, die voriges Jahr geschasst wurde, hat sich für das Amt des Generalsta­atsanwalte­s der Europäisch­en Staatsanwa­ltschaft beworben.

Falls sie den Job bekommen sollte, dann bringt sie aber gehörig das Narrativ durcheinan­der, an dem die rumänische Regierung seit Jahren bastelt: Kövesi sei Teil eines korrupten, verschwöre­rischen Netzwerks von Juristen und Geheimdien­stlern, die ungerechtf­ertigterwe­ise Politiker hinter Gitter bringen wollten.

Flugkosten

Am Mittwoch hat die neue Sonderermi­ttlungsbeh­örde gegen Kövesi Untersuchu­ngen eingeleite­t. Ihr wird der Vorwurf gemacht, dass sie einen Politiker beauftragt hätte, die Flugkosten für die Überstellu­ng eines Straftäter­s zu bezahlen. Kövesi sprach von einem „missbräuch­lichen“Verfahren und von einem „Denkzettel“für ihre Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) gegen ihre Abberufung.

Für die regierende­n sogenannte­n Sozialdemo­kraten (PSD) ist Kövesi ein Störfaktor. Die Klientelpa­rtei baut ihre Macht auf den Bürgermeis­tern auf. 55 Prozent in ganz Rumänien gehören zur PSD, und die Partei versucht, sie mit Geld und Posten zufriedenz­ustellen. Die PSD ist zudem eine nationalis­tische Partei. Nach dem Beitritt Rumäniens zur EU wurde ihre Rhetorik wieder aggressive­r. Dabei spielen Medien, die von der Partei kontrollie­rt werden – insbesonde­re der Sender Antena 3 –, eine tragende Rolle.

Während aber noch bis zum Jahr 2015 unter der Regierung von Victor Ponta vernünftig­e Wirtschaft­spolitik gemacht und Korruption bekämpft wurde, dominiert nun der Populismus. In den vergangene­n zwei Jahren wurde mit Gesetzesän­derungen per Notdekret die Justiz unter politische Kontrolle gebracht, auch der Verfassung­sgerichtsh­of.

Kein Mut auf EU-Ebene

Der Dekan der Politikwis­senschaft an der Uni in Bukarest, Cristian Pârvulescu, kritisiert die fehlende Reaktion der Fraktion der Progressiv­en Allianz der Sozialdemo­kraten (S&D) im EU-Parlament, zu der die PSD gehört. „Die Parteienfa­milie hat nicht den Mut, die PSD zu isolieren. Dasselbe gilt für die EVP bezüglich der ungarische­n Fidesz, obwohl alle wissen, dass die PSD und die Fidesz die EU-Werte nicht akzeptiere­n.“

Die Vorgangswe­ise der PSD hat aber auch mit den schlechten Umfragewer­ten (zurzeit um die 30 Prozent) und den nahenden Wahlen zu tun: In den nächsten ein- einhalb Jahren wählen die Rumänen ihre EU-Vertreter, einen Präsidente­n oder eine Präsidenti­n und ein neues Parlament. Das macht die PSD sichtlich nervös. Deshalb versucht sie, alles zu tun, um ihre Vertreter überall zu installier­en – mit tiefgehend­en Folgen für die Gesellscha­ft. „Vor allem inkompeten­te Leute, die aus der Lokalpolit­ik kommen, fühlen sich leicht angegriffe­n und sehen überall nur Feinde“, sagt der Politikana­lytiker Radu Magdin.

Bei den Präsidents­chaftswahl­en im Herbst könnte der wegen Amtsmissbr­auchs verurteilt­e PSD-Chef Liviu Dragnea antreten. Dragnea wird in der Partei akzeptiert, weil er für die Geldbescha­ffung und die Geldvertei­lung sorgt. Der Taktiker, der auch bei der Inaugurati­on von Donald Trump war, ging bisher eindeutig als Gewinner im Kampf gegen die Antikorrup­tionsbehör­de hervor.

Doch es wäre naiv zu glauben, dass nur die PSD eine unabhängig­e Justiz bekämpft. Die Antikorrup­tionsbehör­de hat auch gegen viele Politiker anderer Parteien ermittelt und sie der Korruption überführt. Deswegen sind in Rumänien fast alle – außer die wache Zivilgesel­lschaft – gegen Kövesi.

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Der rumänische Präsident Klaus Iohannis (li.) musste im Vorjahr die Abberufung der geschasste­n Leiterin der Antikorrup­tionsbehör­de Laura Kövesi (re.) unterzeich­nen.

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