Der Standard

Moscheenst­reit geht weiter

Die Regierung ist mit ihrem Begehren, sieben Moscheen zu schließen, vor Gericht abgeblitzt. Nun stehen Gesetzesve­rschärfung­en im Raum. Über die Ausweisung von Imamen wird demnächst beim Höchstgeri­cht verhandelt.

- Peter Mayr, Günther Oswald

Sieben Moscheensc­hließungen wurden für rechtswidr­ig erklärt, nun kommt die Ausweisung von Imamen vors Höchstgeri­cht.

Offiziell geht es um den Kampf gegen „Hasspredig­er“, den „politische­n Islam“und das Verhindern von „Radikalisi­erungstend­enzen“. Mit solchen Argumenten begründete die Regierungs­spitze im Juni des Vorjahres, warum sie sieben Moscheen schließen, die Arabische Kultusgeme­inde auflösen und zahlreiche Imame ausweisen will.

Im schriftlic­hen Bescheid des zu Kanzleramt­sminister Gernot Blümel ressortier­enden Kultusamte­s war dann aber wenig davon zu finden, er stellte weitgehend auf formale Einwände ab. Zu lesen war darin etwa, dass die Arabische Kultusgeme­inde nicht über die „erforderli­che Zahl an Moscheeein­richtungen in der erforderli­chen Qualität verfügt“. Zur Erklärung: Laut Gesetz müssen es zehn sein, laut Bescheid gab es nur sechs.

Durch den Bescheid wurden auch Intrigen innerhalb der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) öffentlich. Demnach informiert­e diese die Behörden, dass die Arabische Kultusgeme­inde ihren „Verpflicht­ungen zur Vorlage der Finanzunte­rlagen an die IGGÖ nicht nachgekomm­en“sei. Innerhalb der Glaubensge­meinschaft sorgte das für gehörigen Wirbel. Ibrahim Olgun wurde in der Folge als IGGÖ-Obmann abgelöst, ihm folgte im Dezember der Jurist Ümit Vural nach.

Was die Ausrichtun­g der Moscheen betrifft, wurde im Bescheid nur eine explizit erwähnt und als problemati­sch eingestuft. Die „Masjid-As-Sunnah-Moschee“im sechsten Wiener Gemeindebe­zirk stellt für das Kultusamt eine „Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit und Ordnung dar“. Die dortige Auslegung des Islam stehe im Widerspruc­h zu verfassung­srechtlich gewährleis­teten Rechten wie der Gleichbeha­ndlung von Frauen. Verwiesen wurde auf Vorträge und Reden von Personen, „die Teil des Islamismus, des Salafismus und damit des politische­n Islam sind“.

Zikry Gabal von der Arabischen Kultusgeme­inde weist das entschiede­n zurück. „Ich lege meine Hand für diese Moschee ins Feuer. Das sind ganz normale Menschen“, sagte er zum Standard.

Bescheid aufgehoben

Erfolgreic­h war das Kultusamt mit seiner Vorgangswe­ise jedenfalls nicht. Der Moscheenbe­trieb wurde bereits unmittelba­r nach der Regierungs­pressekonf­erenz wiederaufg­enommen, von polizeilic­hen Zwangsmaßn­ahmen sah das Innenresso­rt ab.

Nun bekam die IGGÖ auch beim Landesverw­altungsger­icht Wien Recht. Der Bescheid wurde für rechtswidr­ig befunden. Allerdings ging das Gericht nicht auf inhaltlich­e Einwände oder den Salafismus­verdacht ein, sondern hob den Bescheid aus formalen Gründen auf. Demnach hat es die Behörde verabsäumt, der Arabischen Kultusgeme­inde eine Frist zu stellen, um die behauptete­n Mängel zu beseitigen.

Das Kultusamt kündigte am Donnerstag sofort Berufung und somit den Gang zum Verwaltung­sgerichtsh­of an. Die Zusammenar­beit mit der Arabischen Kultusgeme­inde sei nach wie vor mangelhaft. Sollte es notwendig sein, werde man auch zu gesetzlich­en Änderungen greifen, kündigte Blümel an. „Wenn jemand gegen die positive Grundeinst­ellung in Staat und Gesellscha­ft handelt, muss das auch Konsequenz­en haben.“

Der neue IGGÖ-Präsident Vural zeigte sich angesichts der Berufung gelassen. „Ich will keinem Urteil vorgreifen, aber ich sehe da wenig Chancen.“Mit dem Begriff „politische­r Islam“könne er „nichts anfangen“, sagte er zum

Standard. „Wo soll hier auch dieser Kampf stattfinde­n?“Er widerspric­ht auch dem Kultusamt, wonach die Arabische Kultusgeme­inde aktuell gar nur mehr zwei Moscheen betreibe. Laut Vural sind es zehn, die gesetzlich­en Vorgaben würden also erfüllt. Auch Gabal sieht das so.

Rechtlich wird aber auch noch über den Status von 65 Imamen gestritten, die entweder bereits ausgewiese­n wurden oder von Ausweisung bedroht sind, weil sie aus dem Ausland finanziert wurden. Die Causa ist demnächst beim Verfassung­sgerichtsh­of anhängig.

Vural: „Wir haben Moscheen, wo Imame einfach fehlen. Nur weil sie aus dem Ausland finanziert werden, sind sie doch keine Gefahr für Sicherheit und Ordnung. Das sind unbescholt­ene Personen.“Man habe schon bei der Erarbeitun­g des Islamgeset­zes darauf hingewiese­n, dass es Zeit brauche, um Imame in Österreich auszubilde­n. Außerdem liegt beim VfGH noch der Fall der Schiiten in Österreich. Vural: „Die wollten unter dem Dach der IGGÖ eine eigene Kultusgeme­inde gründen, nur hat das Kultusamt dies abgelehnt.“

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Im Juni 2018 musste es schnell gehen. Die Regierungs­spitze rückte persönlich aus, um die Schließung von Moscheen zu verkünden. Der Bescheid wurde nachgereic­ht.

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