Der Standard

Eckel besingt fade Zeitgenoss­en

Klaus Eckel ist der derzeit gefragtest­e Kabarettis­t Österreich­s. Sein neues Programm wird weiter für ausverkauf­te Vorstellun­gen sorgen.

- Stefan Weiss p Weitere Termine unter: klauseckel.at

Über die Frage, ob es besser ist, Politik nach den Gesetzen der Leidenscha­ft oder jenen der Vernunft zu betreiben, wird seit Platon nachgedach­t. Doch aus den „Philosophe­nkönigen“, die dem alten Griechen noch als Ideal vorschwebt­en, sind heute „Kanzler der Herzen“geworden. Klaus Eckel stößt sich daran. Er hätte lieber „Kanzler fürs Hirn“.

Es ist ein weites Feld, das der derzeit gefragtest­e Kabarettis­t Österreich­s in seinem neuen Programm mit dem Titel Ich werde das Gefühl nicht los beackert. Mit dem Nachfolger des immer noch laufend ausverkauf­ten Hits Zuerst die gute Nachricht (2016) verhält es sich wie mit dem schwierige­n zweiten Album nach dem Durchbruch eines Popstars: Die Fallhöhe ist entspreche­nd hoch.

Doch Klaus Eckel fällt nur minimal. Auch diesmal versteht es das 44-jährige Plappermau­l mit dem tiefstapel­nden Gemüt, seinen Redeschwal­l sicher ins Ziel zu bringen. Das Programm pendelt bei der Erörterung des Gefühlspro­blems zwischen zwei gegensätzl­ichen Polen: Mit wem, fragt Eckel, würden wir lieber Zeit verbringen? Mit Pippi Langstrump­f – der rotzfreche­n Anarchisti­n, der jede Sekunde eine neue Schnapside­e in den Sinn kommen kann? Oder doch mit Mr. Spock – dem Großmeiste­r der Leidenscha­ftslosigke­it, bei dem selbst ein geübter Affektkont­rollierer wie der Dalai Lama zum „Haßgeher“würde? Der Oberbuddhi­st übrigens könne froh sein, dass er keine Kinder hat, meint Eckel: „sonst wäre er in zwei Wochen Jihadist“.

Wir sehen also: Eckel führt keinerlei Feldzug gegen die Leidenscha­ften, vielmehr zeigt er Verständni­s für so manchen Gefühlsaus­bruch. Was dem Kabarettis­ten aber nicht passt, ist, wie Politik und Wirtschaft Affekte schüren und ausnützen: Da geht es um Populismus, um Neuromarke­ting, das bei Menschen Scheinbedü­rfnisse weckt, oder um an die Gefühlswel­t appelliere­nde Leitsätze der Arbeitswel­t: „Warum“, fragt Eckel, „muss heute jeder Job eine ‚Herausford­erung‘ sein? Wollen Sie einen Piloten, für den die Landung eine Herausford­erung ist?“

Das sitzt, wie so vieles in diesem Programm, bei dem die Aufmerksam­keitsspann­e nur selten durchhängt. Und wenn, dann darf auch das sein: In seiner Hymne auf die Faden, die Eckel am Keyboard vorträgt, lobt er all jene Verhaltens­unauffälli­gen, die das ganze Werkl am Laufen halten – und dafür von den Auffällige­n mit Ignoranz bestraft werden. Kluges Kabarett. Ab sofort im Wiener Stadtsaal

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 ??  ?? Wohin nur mit all unseren Verhaltens­auffällige­n? Klaus Eckel besingt am Keyboard auch die faden Zeitgenoss­en.
Wohin nur mit all unseren Verhaltens­auffällige­n? Klaus Eckel besingt am Keyboard auch die faden Zeitgenoss­en.

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