Der Standard

VW- Sammelkläg­er holen sich die nächste Abfuhr

Nach dem Landesgeri­cht Korneuburg erklärte sich auch Wiener Neustadt für unzuständi­g – Konsumente­nschützer legten Rekurs ein

- Luise Ungerboeck

Wien – Was sich nach hunderten Einzelverf­ahren hoffnungsv­oll angelassen hat, scheint in einer Sackgasse gelandet: die bei 16 Landesgeri­chten in Österreich eingebrach­ten Sammelklag­en des Vereins für Konsumente­ninformati­on (VKI) für geschädigt­e VW-Besitzer aus dem Dieselskan­dal. Nach dem Landesgeri­cht Korneuburg hat nun auch jenes in Wiener Neustadt die Klage abgewiesen.

Der Spruch ist allein aufgrund seiner Formulieru­ng ungewöhnli­ch. Der Wiener Neustädter Richter hat wesentlich­e Teile aus Korneuburg nämlich schlicht kopiert und mit neuer Einleitung und Schluss versehen. In der Sache ist es für den VKI und mit ihm 729 (Wiener Neustadt) und 515 (Korneuburg) geschädigt­en Konsumente­n eine Niederlage. Sie verweisen auf den Klagsweg nach Braunschwe­ig. Mit dieser Rechtsmein­ung stehen sie freilich im Widerspruc­h zu Erkenntnis­sen aller vier Oberlandes­gerichte in Österreich, die Klagen in Österreich gegen VW für zulässig erklärten.

Auffällig ist darüber hinaus, dass beide Gerichte exakt der Rechtsmein­ung des von Volkswagen beigezogen­en, ausgewiese­nen Zivilrecht­sexperten Paul Oberhammer, Dekan an der juridische­n Fakultät der Uni Wien, folgen. Er sieht in einem von VW beauftragt­en Privatguta­chten die internatio­nale Zuständigk­eit nicht gegeben – allein deshalb, weil er in den Abgasmanip­ulationen einen bloßen Vermögenss­chaden sieht, der kaum zu lokalisier­en, jedenfalls nicht am Übergabeor­t entstanden sei. Eine Schadenszu­weisung sei nicht möglich.

Ausschließ­lich das dortige Landgerich­t sei für die Volkswagen AG mit Sitz in Wolfsburg zuständig, argumentie­rt das LG Korneuburg unter Verweis auf Obersten und Europäisch­en Gerichtsho­f. Auch lägen keine ausreichen­den Anhaltspun­kte dafür vor, dass der geltendgem­achte Schaden, der im Ausland verursacht worden sein soll, sachge- rechterwei­se in Österreich besser abgehandel­t werden könnte, als am Ort der schädigend­en Handlung, heißt es in dem Beschluss, der dem Standard vorliegt.

Auch andere Rechtsprof­essoren halten die Lokalisier­ung des durch Einbau einer Abgasschum­melsoftwar­e entstanden­en Schadens für schwierig und mit ihr die Schadenszu­weisung. Die Zurückweis­ung der VKI-Klage sehen sie allerdings problemati­sch – auch weil dem Gutachten keine unabhängig­e Untersuchu­ng zugrunde gelegen sei, sondern diese von einem Berater von VW erstellt wurde. „Diese Argumentat­ion bedient Volkswagen“, sagt VKI-Vertrauens­anwalt Alexander Klauser, „und die natürliche Tendenz der österreich­ischen Richter zur Arbeitsöko­nomie.“Er hat namens des VKI Rekurs beim OLG Wien eingebrach­t. Spannend wird vor diesem Hintergrun­d die Sammelklag­sverhandlu­ng Ende Februar am Handelsger­icht Wien. Weist auch dieses 1491 Fälle ab, steht ein langer Weg bis zum Höchstgeri­cht bevor. Insgesamt geht es um 9872 Fälle geschädigt­er VW-, Audi-, Škoda- und Seat-Fahrzeugha­lter und 60 Millionen Euro Streitwert. Je länger die Verfahren dauern, desto weniger schaut für die Kläger heraus. Der erstritten­e Rest geht an den Prozessfin­anzierer Roland, an den die Kläger ihre Ansprüche abgetreten haben.

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