Dortmunds Desaster
Borussia Dortmund kam in der Champions League bei Tottenham mit 0:3 unter die Räder. Der Aufstieg ins Viertelfinale ist praktisch auszuschließen. Der deutsche Tabellenführer überzeugte in London durch fußballerische Naivität.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke verließ das legendäre Wembleystadion fluchtartig, Trainer Lucien Favre war nach der Lehrstunde von London sichtlich mitgenommen. Der dritte Wirkungstreffer innerhalb einer Woche hinterließ bei den Verantwortlichen von Borussia Dortmund tiefe Spuren. „Es ist schwer, das zu akzeptieren“, sagte Favre nach der ernüchternden 0:3-Demontage im AchtelfinalHinspiel der Champions League bei Tottenham Hotspur.
Beim Bundesliga-Tabellenführer wächst nach der misslungenen Ouvertüre der deutsch-englischen Königsklassen-Festspiele die Angst, in kurzer Zeit eine bisher so herausragende Saison in den Sand zu setzen. In der nächsten Woche stehen die Partien zwischen Bayern München und Liverpool sowie Schalke und Manchester City an. Dortmunds Roman Bürki legte nach neun Gegentoren in den vergangenen drei Spielen den Finger in die Wunde. „Wir verteidigen nicht bis zum letzten Willen diese Tore. Gegen robuste Mannschaften haben wir unsere Schwierigkeiten, weil wir nicht dagegenhalten können“, sagte der Torhüter und forderte: „Wir müssen uns da durchbeißen. Die Mentalität kann auch den Unterschied ausmachen.“
Die heile Welt der Westfalen ist aus den Fugen geraten, Favre muss nach dem vierten Pflichtspiel ohne Sieg, inklusive des Ausscheidens im Pokal gegen Werder Bremen und des denkwürdigen Remis gegen Hoffenheim (3:3 nach 3:0-Führung), die erste Krise seiner Amtszeit moderieren. „Ich mache mir keine Sorgen. Solche Phasen gibt es in einer Saison“, sagte der Schweizer.
Seine personell arg gebeutelte Mannschaft ermöglicht den Gegnern durch haarsträubende Fehler immer wieder einfache Tore. Vor dem 0:1 durch Heung Min Son (47.) patzte wieder einmal Achraf Hakimi. Der Außenverteidiger mit seinen bemerkenswerten Offensivqualitäten ist derzeit ein Sicherheitsrisiko. „Wir müssen gerade im Defensivverhalten mit ihm arbeiten“, sagte Sebastian Kehl, der Leiter der Lizenzspielerabteilung.
Fehlerkette
Dem zweiten Gegentreffer durch den famosen Jan Vertonghen (83.) ging eine Fehlerkette voraus, beim 0:3 durch Fernando Llorente (86., Kopf) mussten die Deutschen zum wiederholten Male ein Standardtor schlucken (Corner). „Wir haben es versucht, aber es war zu wenig. Das ist einfach nicht gut genug verteidigt“, sagte Bürki. Die Dortmunder ste- hen jetzt am Scheideweg. Um das Champions-League-Aus im Rückspiel am 5. März noch abzuwenden, muss ein Wunder her. Mario Götze hat die Hoffnung gegen den ebenfalls ersatzgeschwächten Tabellendritten der Premier League (ohne Harry Kane und Dele Alli) noch nicht aufgegeben. „Wir sind zu Hause eine Macht. Es ist noch alles möglich.“, sagte Götze, der Marco Reus in London als Kapitän vertrat und unauffällig agierte. Götze sieht aber nur „Kleinigkeiten, die wir abstellen müssen“.
Doch ganz so leicht ist die Erklärung nicht. Die Schwarz-Gelben befinden sich eher in einem verspäteten Winterschlaf. „Wir müssen in die Spur finden. Wir haben uns ein bisschen ergeben. Nach dem 0:1 müssen wir den Kopf oben behalten“, sagte Kehl und kritisierte „Fehler, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen“. In der Liga ist der Vorsprung geschmolzen, die Bayern haben nur mehr fünf Zähler Rückstand. „Wir müssen noch mehr analysieren und arbeiten“, sagte Favre. Er wirkte dabei mitgenommen. (sid)