Schmelztiegel der Kulturen
Martina Gedeck erinnert in Musik- und Textcollagen an Czernowitz
Peter Sloterdijk faszinierte ihre „sublime Präsenz“, eine Präsenz, mit der sie auch das Kinopublikum in Julian Pölslers Verfilmung von Marlen Haushofers Klassiker Die Wand fesselte. Wer ist Martina Gedeck? Das fragte sich nicht nur das deutsche Magazin Cicero nach der Premiere dieses Films. Denn trotz ihrer enormen Popularität hat sich die gebürtige Bayerin eine sanfte Unnahbarkeit bewahrt.
Gedecks filmisches Schaffen ist so groß und bunt wie eine riesige Patchworkdecke: Von der eingangs erwähnten Literaturverfilmung über den Oscar-prämierten Kinohit bis zur schlichten Fernsehkomödie ist alles dabei. Lesungen macht Martina Gedeck glücklicherweise auch, in Alexander Kukelkas Musik- und Textcollage Klein Wien am Pruth ist die Mittfünfzigerin für den Text zuständig, wird Szenen und Gedichte der Bukowiner Dichtung vortragen von Rose Ausländer, Paul Celan, Karl Emil Franzos und anderen.
Der Letztere hat Czernowitz, die seinerzeitige, also habsburgermonarchiezeitige, Hauptstadt der Bukowina als einen Schmelztiegel der Kulturen beschrieben: „ein Schwarzwalddorf, ist eine entgeltliche Einschaltung in Form einer Medienkooperation mit der Firma Theater Akzent. Die redaktionelle Verantwortung liegt beim ein podolisches Ghetto, eine kleine Wiener Vorstadt, ein Stück tiefstes Russland und ein Stück modernstes Amerika“. Eine patchworkartige Urbanität zu Kaisers Zeiten, sozusagen.
In Alexander Kukelkas Czernowitzer Skizzen, einem zwölfteiligen Werk für Klarinettenquartett, klingt die Vielfalt dieser Zeit auf bezaubernde Weise nach. Die Authentizität der Musik begründet sich aus der Familiengeschichte des Komponisten: Kukelkas Großvater stammte aus der Bukowina und musizierte gern. Mit der Vienna Clarinet Connection wird das Werk von Kennern interpretiert: Die vier Klarinettisten haben die Czernowitzer Skizzen schon auf CD verewigt. (sten) 9. 3., 19.30