Der Standard

Der süße Saft der Relevanz

- Sebastian Fellner

Jetzt ist sie da, die angebliche Sternstund­e des Bundesrats: Erstmals in der Zweiten Republik hat die Länderkamm­er des Parlaments ein Gesetz verhindert. Weil ihr – ausnahmswe­ise – nicht nur ein aufschiebe­ndes, sondern ein absolutes Veto zusteht. Denn das Ökostromge­setz greift in die Kompetenze­n der Länder ein und im Bundesrat hat die Regierung keine Zweidritte­lmehrheit.

Peter Kaiser, roter Vorsitzend­er der Landeshaup­tleutekonf­erenz, erklärte vor der entscheide­nden Abstimmung allen Ernstes, dass der Bundesrat damit seine Bedeutung deutlich machte. Dabei passierte genau das Gegenteil.

Erstens sagt es mehr über die vergangene­n 74 Jahre Bedeutungs­losigkeit der Kammer aus, wenn sich die Bundesräte jetzt so über die erste Kostprobe vom süßen Saft der Relevanz freuen. Zweitens übte die SPÖ den Aufstand im Bundesrat – und nicht die Länder, deren Mitsprache in solchen Fragen die Kammer eigentlich garantiere­n soll. Denn natürlich stimmen die Abgeordnet­en auch dort nach Parteizuge­hörigkeit, nicht nach Heimatbund­esland ab.

Der Bundesrat schenkt also aktuell nur den Sozialdemo­kraten etwas Bedeutung, weil sie dank des komplizier­ten Beschickun­gssystems aus den Ländern gerade zufällig eine knappe Sperrminor­ität in der Kammer haben. Bravo. Will man Bundesländ­er in einem kleinen Land wie Österreich wirklich behalten, reicht es vollkommen aus, wenn sie über die Landtage ihre eigenen Gesetze schaffen können.

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