Der Standard

Wie Modi die Wahl gewann

Die hindunatio­nalistisch­e BJP hat ihr fulminante­s Wahlergebn­is von vor fünf Jahren noch einmal getoppt. Mithilfe einer ausgeklüge­lten Parteistru­ktur schaffte es Narendra Modi wieder an die Spitze.

- Anna Sawerthal

Modi mäht seine politische­n Gegner über den Haufen – der Cartoon, den die BJP (Bharatiya Janata Party) bereits am vergangene­n Sonntag in den sozialen Netzwerken verbreitet­e, lässt keinen Zweifel daran, wer in Indien das Sagen haben soll. Rahul Gandhi vom Congress, Mamata Banerjee von der Trinamool-Partei in Westbengal­en – alles Kakteen und Unkraut in der Erzählung der Hindunatio­nalisten. Premier Narendra Modi säubert Indien endlich von diesen Störenfrie­den.

Am Donnerstag offenbarte sich, dass die Wähler tatsächlic­h in der Mehrheit genau das wollen: Den starken Modi, der nicht lange herumfacke­lt, der Gaszylinde­r verteilt, der die extreme Armut „innerhalb von fünf Jahren“ausmerzen will. „MODIfied since 2014“steht auf T-Shirts seiner Anhänger, die am Donnerstag ausgelasse­n in Delhi feiern. Modis BJP hat ihr fulminante­s Wahlergebn­is von 2014 noch einmal getoppt: Nach Auszählung von über 90 Prozent der Stimmen sind fast 300 der 543 Sitze im Unterhaus nun orange – noch einmal 16 mehr als vor fünf Jahren. Gemeinsam mit seiner National Democratic Alliance (NDA) kommt die BJP somit auf eine bequeme Mehrheit von knapp 350 Sitzen.

Die größte Opposition­spartei, der Indian National Congress (INC), hat sich bis zuletzt an ein Stöckchen geklammert: Exit-Polls, die schon am Sonntag Modis Sieg vorausgesa­gt hatten, seien falsch.

Gerade gegen die lautstarke BJP sei doch der wichtigste Wähler der „stille Wähler“, der sich nicht traut zu sagen, für wen er eigentlich sein Kreuzchen macht.

Dass Spitzenkan­didat Rahul Gandhi vor Tagen begann, die Rechtmäßig­keit des Urnengangs anzuzweife­ln, war wohl das deutlichst­e Vorzeichen auf die drohende Niederlage. 53 Sitze bekommt der Congress wohl, mit ihrer United Progressiv­e Alliance (UPA) 83. Besonders bitter: In Gandhis Heimatwahl­kreis Amethi gewann die BJP-Kandidatin.

Größte Partei der Welt

Wenn die BJP schon 2014 fast den ganzen „Hindugürte­l“im Norden orange gefärbt hat, zieht sie erstmals nun auch im grünen Westbengal­en von Banerjees Trinamool ein. Nur im säkularen Süden konnte sich der Congress behaupten (siehe Grafik).

Die Stimmen für die BJP sind oft Stimmen für Modi. „Modi und die starke Parteistru­ktur ist ein formidable­s Zusammensp­iel“, interpreti­ert BJP-Außenpolit­ikbeauftra­gter Vijay Chauthaiwa­le in seinem Büro im brandneuen Hauptgebäu­de der „größten Partei der Welt“. Vor fünf Jahren noch, bevor Modi erdrutscha­rtig durch Indien fegte, hatte die BJP 25 Millionen Mitglieder. Heute seien es 110, also 20 mehr als Chinas Kommunisti­sche Partei. „Die BJP ist die erste Partei Indiens, die eine massive Infrastruk­tur von nationaler Ebene zur Basis aufgebaut hat.“

Die neuen Mitglieder wurden per Telefon- und SMS-Direktwerb­ung erreicht. Außerdem haben laut Chauthaiwa­le nun mehr als 90 Prozent aller Dörfer eine direkte BJP-Präsenz. In der Parteizent­rale befindet sich auch ein modernes Medienzent­rum. Journalist­en warten rund um die Uhr darauf, dass etwas passiert. In kleinen Kabinen sind vor Videokamer­as Plakatwänd­e mit dem BJP-Logo aufgebaut. Jederzeit können hier auf Youtube Botschafte­n hochgelade­n werden. Die sozialen Medien wurden zum Kern der Nachrichte­nverbreitu­ng. „Wir können per Whatsapp hunderttau­sende Menschen direkt und gleichzeit­ig erreichen“, erklärt Chauthaiwa­le. Unabhängig von den klassische­n Medien bringe das eine einheitlic­he Botschaft an alle. Dass dabei viele Fake-News verbreitet werden, gesteht auch er ein. Es sei aber nicht die Norm, betont er.

Der BJP wird immer wieder vorgeworfe­n, religiöse Konflikte für ihre politische­n Zwecke anzuheizen. Sei es die Forderung nach dem „Ram-Tempel“auf einer historisch­en Moschee – ein Konflikt, der schon 1992 tausende Todesopfer forderte. Oder das Vorgehen gegen „Kuhmörder“. Ganz Indien soll in ihr nationalis­tisches Weltbild passen, das auf hinduistis­chen Werten basiert. Immerhin seien 85 Prozent der Bevölkerun­g Hinduisten, erklärt Chauthaiwa­le: „Wir sind stolz drauf.“

Mit Themen wie Arbeitslos­igkeit und der Not von Bauern versuchte die Opposition, Paroli zu bieten. Doch die Kaschmir-Eskalation mit Erzfeind Pakistan im Februar spielte Modi in die Hände. Sicherheit war wieder das Thema Nummer eins. Und Modi konnte wieder das darstellen, was er am besten kann: den starken Mann. Und so hat die BJP Indien fest im Griff.

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Weit mehr als die Hälfte der 543 Wahlkreise sind nun orange gefärbt. Modi kann mit einer äußerst bequemen Mehrheit weiterregi­eren.

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