Frauen in Wien verhungert
Wie kann es geschehen, dass eine Mutter und ihre beiden 18-jährigen Töchter mitten in Wien verhungern? Weder die Polizei noch das Jugendamt können diese Frage derzeit beantworten. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.
Eine Mutter und ihre beiden 18-jährigen Töchter sind mitten in Wien verhungert. Wie das geschehen konnte, wissen derzeit weder Polizei noch Jugendamt. Die Ermittlungen laufen.
Eine Frau und ihre beiden 18jährigen Zwillingstöchter, die am vergangenen Dienstag tot in einer Wohnung in WienFloridsdorf aufgefunden wurden, dürften verhungert sein. Das ist das erste Ergebnis der Obduktion, das am Donnerstag bekanntgegeben wurde. Laut Polizei soll der Tod bereits Ende März oder Anfang April eingetreten sein. Die Leichen wiesen keine Verletzungen auf. „Eine erste toxikologische Untersuchung ergab keine Spuren einer Vergiftung. Detailuntersuchungen werden in den kommenden Wochen noch durchgeführt“, berichtete Polizeisprecher Patrick Maierhofer.
Die Polizei machte aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und
aus Rücksicht auf die Angehörigen keinerlei Angaben zu persönlichen Details der Opfer. Es sei bisher kein Motiv eruierbar, und es gebe keine Abschiedsbriefe, sagte Maierhofer. Die Ermittler hätten in der Wohnung auch keine Lebensmittel finden können.
Einiges deutete darauf hin, dass die Tragödie in der Wohnung in der Werndlgasse mit einer psychischen Erkrankung der Mutter zusammenhängen dürfte. Schon vor Jahren soll bei der Frau, die sich mehrmals ins Frauenhaus geflüchtet hatte, eine entsprechende Diagnose gestellt worden sein. Ob beziehungsweise wie das zum Verhungern auch der 18-Jährigen geführt haben könnte, blieb zunächst unbeantwortet.
Laut Nachbarn lebten die drei sehr zurückgezogen. Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (MA 11) hatte die Kleinfamilie vorübergehend betreut. In der Schule seien die Mädchen als Integrationskinder geführt worden, sagte Andrea Friemel von der Jugendfürsorge.
Von der Schule abgemeldet
Im Herbst 2016, als sie nicht mehr schulpflichtig waren, seien die Jugendlichen von der Schule abgemeldet worden. Im Dezember schalteten ehrenamtliche Betreuer aus einem Mentorenprojekt das Jugendamt ein. Die „Abklärung der Situation“endete im März 2017, ohne dass die MA 11 noch eine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen gesehen habe.
„Es gab nichts in der Eigenwahrnehmung der Kolleginnen“, betonte Friemel. Wohl habe bei den Teenagern eine „Entwicklungsverzögerung“vorgelegen, „die je älter die Kinder sind, immer augenscheinlicher wird“. Über eine schwerere Beeinträchtigung geistiger oder physischer Art finde sich aber nichts im Akt. „Wäre das wahrgenommen worden, hätte es automatisch mehr Unterstützung gegeben.“(APA, simo)
Angehörige, Nachbarn und andere Menschen, die sich um Schutzbedürftige Sorgen machen, können sich telefonisch an die Wiener Kinder- und Jugendhilfe wenden: Die Hotline 01/4000 8011 ist von Montag bis Freitag von acht bis 18 Uhr besetzt.