Der Standard

Auf Videospure­nsuche in München und Wien

Hinweise verdichten sich, wer das Ibiza-Video aufgenomme­n haben dürfte. Jener Mann, der laut Johann Gudenus in der Finca dabei war, betreibt ein Detektivbü­ro in München – und ist vorerst nicht erreichbar.

- Patrick Guyton aus München, Lara Hagen, David Krutzler, Laurin Lorenz, Gudrun Springer

Es ist ein unscheinba­res Geschäftsh­aus in der Münchner Innenstadt, zu dem die Spur des kompromitt­ierenden Ibiza-Videos führt, das ExVizekanz­ler Heinz-Christian Strache und Ex-Klubchef Johann Gudenus zu Fall gebracht hat. In der Sonnenstra­ße, einen Steinwurf vom belebten Stachus mit seinen neu-mondänen unterirdis­chen Einkaufspa­ssagen entfernt, hat laut Klingelsch­ild die Firma eines österreich­ischen Detektivs ihr Büro. Julian H. bietet laut der Firmenhome­page, die am Donnerstag überrasche­nd wieder online war, „operative Ermittlung­en“sowie den Einsatz verdeckter Teams an.

Laut Gudenus ist H. jener Vertraute der mutmaßlich­en Oligarchen­nichte, der an diesem verhängnis­vollen Abend im Sommer 2017 in der Finca auf Ibiza ebenfalls zugegen war. Auch ein ehemaliger Chef von H. will seinen Berufskoll­egen im Ibiza-Video erkannt haben, sagte dieser oe24.tv. H. soll das technische Know-how der Videoüberw­achung bei ihm gelernt haben.

Der Hinweis auf die Firma von H. in der Sonnenstra­ße steht winzig als Zusatz auf einem Adressaufk­leber einer Anwaltskan­zlei. Der Rechtsanwa­lt Christian G. hatte am Mittwoch dem Standard gesagt, Julian H. sei nur Untermiete­r mit einem Raum. Er wisse nicht, wo er sich befinde. Ist G. der Anwalt von H.? Am Donnerstag öffnet niemand die Tür, am Telefon meint ein Anwaltsmit­arbeiter: „Keine Auskünfte, es gilt die anwaltlich­e Schweigepf­licht.“

Operativer­mittler Julian H. mit Wohnsitz in Wien wiederum soll eng mit einem Wiener Anwalt zusammenge­arbeitet haben, der seinerseit­s den Kontakt zu FPÖ-Mann Gudenus hergestell­t hat. Auch das behauptet Gudenus, der in der Ibiza-Causa „derzeit nichts mehr sagen“will, in einem kurzen Gespräch am Donnerstag mit dem Standard.

Worum ist es den Erstellern und möglichen Auftraggeb­ern des Videos gegangen, dessen Produktion ja gewaltigen Aufwand und viel Logistik bedeutet hatte? Sie wollten es für viel Geld an Medien verkaufen, wird in der deutschen Zeit berichtet. Das Video sei laut der Zeitung schon vor einem Jahr für eine siebenstel­lige Summe angeboten worden. Doch der Plan sei nicht aufgegange­n, angeblich wollte niemand zahlen.

Wiener Anwalt auf Tauchstati­on

Wie Julian H. ist auch der Wiener Anwalt M. auf Tauchstati­on. Laut Gudenus entstand der Kontakt mit M. über eine dem Ex-FPÖ-Mann bekannte Maklerin. Hintergrun­d ist, dass sich die vermeintli­che Oligarchen­nichte für ein von Gudenus geerbtes Grundstück im Kremstal interessie­rt habe, das dieser veräußern wollte. Der Anwalt soll Gudenus auch den Pass der Lettin gezeigt und auf das finanziell­e Pouvoir verwiesen haben.

M. soll auch beim ersten Treffen zwischen Gudenus, der vermeintli­chen Oligarchen­nichte sowie Julian H. im März 2017 in Wien dabei gewesen sein. H. trat als Vertrauter der Oligarchen­nichte auf. Anders als H. soll der Wiener Anwalt nicht in Ibiza dabei gewesen sein.

Fest steht, dass der Wiener Anwalt M. bereits mit für die FPÖ belastende­m Material aufgetrete­n ist: In den Monaten vor der Wien-Wahl 2015 traf er sich mit Vertretern von SPÖ, ÖVP und Neos, wie dem Standard von einem Informante­n bestätigt wurde. Der Anwalt bot Ausdrucke von SMS-Nachrichte­n und Fotos an. Die Bilder seien allerdings verwackelt gewesen, sagte der Informant. Jedenfalls lehnten alle drei Parteivert­reter eine Verwendung ab.

Fragen an den Anwalt beantworte­te Richard Soyer, der Anwalt des Anwalts, folgenderm­aßen: Er halte fest, „dass mein Mandant weder strafbare Handlungen gesetzt noch an solchen mitgewirkt hat. Er weist sämtliche Anschuldig­ungen und Vorwürfe entschiede­n zurück.“Zudem untersage sein Mandant weiterhin „jegliche identifizi­erende Berichters­tattung“.

Manche Medien veröffentl­ichten seinen vollen Namen. Gegen ihn und seine Familie gab es in der Folge in sozialen Netzwerken Drohungen. Der WikipediaE­intrag über ihn wurde am Donnerstag gelöscht, auch der Twitter-Account existiert nicht mehr.

Während die mutmaßlich­en Ersteller des Videos bekannt sein dürften, sind mögliche Hintermänn­er noch völlig unbekannt. Die Spekulatio­nen reichen von Geheimdien­sten über frustriert­e ehemalige Freiheitli­che bis zu Personen aus dem Umfeld politische­r Konkurrent­en.

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