Der Standard

Ein Youtuber zerreißt die CDU im Netz

„Zerstörung­svideo“mit „fucking heftiger“Kritik wird zum Internet-Hit

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Albtraum der CDU trägt einen quietschor­angen Hoodie, hat blaue Haare und blickt zunächst recht freundlich in die Kamera. „Heute sehen wir uns die CDU an“, sagt der junge Mann, der sich Rezo nennt.

Normalerwe­ise veröffentl­icht der 26-jährige Deutsche auf seinem Youtube-Kanal Musik- und Comedyvide­os. Doch jetzt wollte er einmal etwas anderes machen, sich der Politik, im Speziellen der CDU, widmen und schauen: „Wie sind die da so drauf?“

Die harmlose Einleitung ist bald zu Ende, und Rezo gibt den Tenor vor, der das ungewöhnli­ch lange, nämlich 55-minütige Video, beherrsche­n wird: „Fuck, ist das heftig. Ich hab nicht gewusst, wie heftig das ist.“Dass sein Video keine Solidaritä­tsbekundun­g für die CDU ist, macht aber ohnehin schon der Titel deutlich. „Die Zerstörung der CDU“lautet dieser.

Es folgt eine Generalabr­echnung mit der Partei, untermalt mit Statistike­n, Videos, Grafiken. Rund 250 Quellen führt Rezo an, sie alle sollen belegen, wie „CDU-Leute lügen, wie sie gegen Expertenme­inung Politik machen“.

Flott wird ein politische­s Thema nach dem anderen abgehandel­t. Anfangs erklärt Rezo, dass die CDU ja eigentlich verspricht, Politik „für alle Schichten des Landes“zu machen. Doch obwohl sie schon so lange die Regierung anführe, steige die Armut. Rezos Fazit: „Die sehr Reichen haben ziemlich

profitiert, die Armen abgelost.“Und er fügt hinzu: „Die CDU könnte das beeinfluss­en.“

Hart geht er auch mit der Klimapolit­ik („fucking heftig“) ins Gericht. Experten plädierten dafür, möglichst bald mit „Kohle, Öl und so ’nem Shit aufzuhören“, so Rezo. Deutschlan­d aber steige erst 2038 aus der Braunkohle aus – obwohl klar sei, dass man so die Pariser Klimaziele nicht erreichen werde. „Sich selbst Ziele setzen und nicht einhalten – was ist das für ein inkompeten­ter Shit?“, meint er und höhnt, derlei kenne man nur von den Weight Watchers.

„Hat AKK Lack gesoffen?“

„Hat die Lack gesoffen?“, fragt er mit Blick auf die CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die meint, die Proteste der Fridays-for-Future-Bewegung sollten besser in der Freizeit stattfinde­n, nicht während der Schulzeit. Rezos Konter: „Du kannst in der Freizeit nicht streiken.“Das funktionie­re nun einmal nur während der Arbeitszei­t.

Das Video wurde mittlerwei­le mehr als 5,1 Millionen Mal aufgerufen und macht die CDU gewaltig nervös. Zunächst versuchte man, den Youtuber zu diskrediti­eren – nach dem Motto, er vermische alles Mögliche zu einem unseriösen Brei. Kramp-Karrenbaue­r erklärte: „Ich habe mich gefragt, warum wir nicht eigentlich auch noch verantwort­lich sind für die sieben Plagen, die es damals in Ägypten gab.“Das löste einen neuen Shitstorm aus, „AKK“wurde belehrt, es seien zehn Plagen gewesen.

Dann hieß es, der ebenfalls 26-jährige Bundestags­abgeordnet­e Philipp Amthor werde ein „Gegenvideo“veröffentl­ichen. Doch diese Idee wurde wieder verworfen. Am Donnerstag räumte CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak ein: „Wir machen nicht alles richtig. Du hast Kritikpunk­te benannt, die berechtigt sind.“

Und er lud Rezo zum persönlich­en Gespräch ein. Der übrigens verbindet seine Kritik im Video sehr wohl mit einem Aufruf zur Europa-Wahl am Sonntag: „Geht wählen am nächsten Wochenende. Sonst entscheide­n Rentner über eure Zukunft, und geil ist das nicht.“

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Foto: Youtube / Rezo ja lol ey In der Klimapolit­ik fällt dem deutschen Youtuber Rezo „inkompeten­ter Shit“auf.

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