Russisches Öl tröpfelt wieder in die Slowakei
In der Slowakei ist das erste saubere Öl nach dem zeitweisen Stopp der Lieferungen aufgrund von massiven Verschmutzungen angekommen. Derweil verhandelt Russland über den Schadenersatz.
Und es bewegt sich doch – zumindest am Südstrang der Ölpipeline Druschba („Freundschaft“) fließt wieder etwas Öl. „Rohöl in der für die technischen Standards nötigen Qualität ist gegen Mittag in der Raffinerie bei Bratislava angekommen“, teilte ein Sprecher der Ölgesellschaft Slovnaft (gehört zur ungarischen MOL-Gruppe) am Donnerstag mit. Viel ist es nicht, aber die Raffinerie arbeitet wegen Wartungsarbeiten ohnehin nur auf halber Kraft.
In der Nachbarrepublik Tschechien allerdings ist die Pipeline noch trocken. Dort werden die ersten Lieferungen erst Ende Mai erwartet. Schwierigkeiten gibt es auch beim Nordstrang, der von Weißrussland über Polen nach Deutschland führt. Eigentlich sollten die Lieferungen laut dem russischen Energieminister Alexander Nowak schon am 20. Mai wieder aufgenommen werden. Doch vorläufig wird daraus nichts. Die Raffinerie Leuna musste wegen Problemen bei der Verarbeitung vom Netz. Die Ölpreise in Deutschland sind daher schon deutlich gestiegen.
Auslöser der Probleme ist eine gewaltige Schmutzladung: Mindestens fünf Millionen Tonnen kontaminiertes Öl wurde Mitte April in die Pipeline geleitet. Eine hohe Konzentration an organischem Chlorid störte nicht nur die Weiterverarbeitung, sondern gefährdete auch die Anlagen in
Pipeline und Raffinerien. Russischen Angaben zufolge steckt die Bereicherungssucht einzelner Manager privater Ölfirmen hinter dem Skandal. Gegen mehrere Männer hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Haftbefehle erlassen. Allerdings muss sich auch die staatliche Pipelinegesellschaft Transneft Fragen zur Qualitätskontrolle gefallen lassen.
Der Kreml teilte bereits mit, dass der Konzern zu Kompensationszahlungen bereit sei. Allerdings gehen die Schätzungen über den entstandenen Schaden weit auseinander. Hatte Russlands Energieminister Nowak die Verluste auf unter 100 Millionen Euro taxiert, sprach Weißrusslands Präsident Alexander Lukaschenko von mehreren Hundert Millionen Dollar. Und auch die Energiekonzerne in Polen, Deutschland und Österreich haben erste Forderungen erhoben.
So verhandelte die russische Führung am Donnerstag gleich an zwei Orten mit ihren Abnehmern. In Moskau empfing der für Energiefragen zuständige russische Vizepremier Dmitri Kosak seinen weißrussischen Amtskollegen Igor Ljaschenko. Im Vorfeld der Gespräche hatte Lukaschenko schon den Druck auf Moskau. Der Staatschef hat öffentlich Kasachstan gebeten, als Öllieferant für Russland einzuspringen.
Minsk will Öl von Kasachen
Ganz neu ist die Taktik nicht: 2013 kaufte Minsk Venezuela 3,4 Millionen Tonnen Öl ab, später dann auch Kasachstan, Aserbaidschan und dem Iran. Über die russische Pipeline floss das Öl trotzdem. Ganz ersetzen kann Weißrussland Russland als Lieferant ohnehin nicht. Auch Kasachstan erklärte sich nur im Einvernehmen mit Russland zu Lieferungen bereit. Minsk hofft dennoch, dass der Kreml nun mehr Entgegenkommen bei den Kompensationsverhandlungen zeigt.
Derweil musste Russland auch in Warschau Rede und Antwort stehen. Polens Premier Mateusz Morawiecki sprach bereits von großen Versäumnissen der russischen Öllieferer, für die sie nun Kompensation leisten müssten. Neben Schadenersatzforderungen geht es hier aber auch um die Frage, wann endlich die Lieferungen wieder in vollem Umfang aufgenommen werden. Denn für die Europäer ist Russland als Öllieferant ebenfalls extrem wichtig. In Deutschland liegt der Anteil russischen Öls bei etwa 40 Prozent. Umso heikler ist der Ausfall der Druschba: Etwa ein Viertel der russischen Öllieferungen nach Europa kommt über die Druschba herein.
Vorläufig wird der Engpass über Tankerlieferungen auf der Ostsee ausgeglichen. Das Öl wird über die Häfen in Rostock und Danzig geliefert. Ab nächster Woche soll dann auch die Druschba wieder in Betrieb gehen. Doch einige Experten warnen: In vollem Umfang könnten die Lieferungen wegen möglicherweise noch nötiger Reinigungsarbeiten wohl erst wieder Mitte Juni wieder aufgenommen werden.