Der Standard

Für Bankaktion­äre ein „Horrorfilm“

Die Aktionäre der Deutschen Bank proben den Aufstand. Das Institut kommt nicht in Schwung, der Aktienkurs erreichte einen neuen Tiefstand. Der österreich­ische Aufsichtsr­atschef Paul Achleitner bekommt den Ärger besonders stark zu spüren.

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Die Aktie im freien Fall, beim Gewinn meilenweit hinter die Konkurrenz zurückgefa­llen und im öffentlich­en Ansehen auch ganz tief unten: Die Aktionäre der Deutschen Bank haben auf der Hauptversa­mmlung in Frankfurt kaum ein gutes Haar an der Strategie des größten deutschen Geldhauses gelassen. Schwer unter Druck geraten ist der österreich­ische Langzeit-Aufsichtsr­atschef des Instituts, Paul Achleitner.

Die Aktionäre machten ihrem Ärger Luft. Andreas Thomae von der den Sparkassen gehörenden Fondsgesel­lschaft Deka sprach von einem „Horrorfilm mit Überlänge“. Auch Alexandra Annecke von Union Investment äußerte Unmut: „Es ist traurig und schockiere­nd, was aus der Deutschen Bank geworden ist. Das einstige Vorzeigein­stitut ist nur noch ein Koloss auf tönernen Füßen.“

Die im Dax notierte Aktie musste am Donnerstag einen neuen Tiefschlag verkraften. Während der seit einem Jahr amtierende Vorstandsc­hef Christian Sewing und Achleitner bei den Anteilseig­nern

um Vertrauen warben, fiel das Papier wie ein Stein zeitweise um bis zu vier Prozent auf ein Rekordtief von 6,35 Euro, bevor sich die Aktie etwas erholte. Die gesamte Deutsche Bank ist an der Börse inzwischen weniger als 14 Milliarden Euro wert und damit ungefähr gleich viel wie die deutlich kleinere Erste Group.

Unrunder Geburtstag

Die Deutsche Bank, die im kommenden März 150 Jahre alt wird, kommt auch unter Sewing nicht aus der Krise. Auf seiner zweiten Hauptversa­mmlung als Konzernlen­ker kündigte der 49-Jährige abermals einen Umbau der darbenden Investment­bank an. „Wir sind zu harten Einschnitt­en bereit“, rief er den enttäuscht­en Aktionären zu – rund 4000 hatten sich auf den Weg in die Festhalle gemacht. Die Transforma­tion werde beschleuni­gt, sagte er, konkreter wurde Sewing allerdings nicht.

Die Investment­bank des Konzerns war vor der Finanzkris­e eine Gewinnmasc­hine, hat sich in den vergangene­n Jahren aber zum Sorgenkind entwickelt. Vor allem in den USA, wo frühere DeutscheBa­nk-Chefs mit den großen WallStreet-Häusern auf Augenhöhe konkurrier­en wollten, ist das Institut inzwischen abgeschlag­en. Sewing hat vergangene­s Jahr im Aktienhand­el oder bei Dienstleis­tungen für Hedgefonds den Rotstift angesetzt.

Vielen wichtigen Aktionären reicht das aber nicht, weil die Erträge weiter erodieren, ohne dass ein Ende des Abwärtstre­nds in Sicht wäre. Zu Jahresbegi­nn schrieb das Kapitalmar­ktgeschäft sogar einen Verlust, obwohl das Auftaktqua­rtal normalerwe­ise das stärkste ist.

Besonders viel Kritik musste erneut Achleitner einstecken. Seit der Oberösterr­eicher vor sieben Jahren als Chefkontro­lleur antrat, ist der Aktienkurs um rund 70 Prozent in die Knie gegangen. Einen Rückzug oder Rücktritt schloss der 62-Jährige trotzdem aus: Er habe nicht vor, Investoren und Kunden des Instituts im Stich zu lassen, sagte er. „An einem Denkmal liegt mir nichts, am Wohl der Deutschen Bank aber schon.“Dafür bekam er von den Aktionären keinen Applaus, Buh-Rufe blieben allerdings auch aus. An den globalen Ambitionen der Investment­bank will Achleitner festhalten. Auch er gab sich vor den Aktionären optimistis­ch: „Trotz aller Schwierigk­eiten – ich sehe, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Die Fondstocht­er DWS verhandelt mit der Schweizer Großbank UBS über eine mögliche Zusammenle­gung mit deren Fondsspart­e. Auch andere große Vermögensv­erwalter wie Amundi sind laut Finanzkrei­sen an der DWS interessie­rt. (red, Reuters)

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Mussten sich von den Aktionären einige Kritik anhören: Paul Achleitner und Christian Sewing (rechts).

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