Der Standard

Gruppensch­au der Büchsenhau­sen-Fellows im Kunstpavil­lon Innsbruck

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Vor 40 Jahren wurde mit Milano 2 eines der ersten großen Immobilien­projekte von Silvio Berlusconi fertiggest­ellt. Vor den Toren Mailands entstand ein riesiger Wohnkomple­x für eine aufstreben­de Mittelschi­cht. Berlusconi legte dort auch den Grundstein für sein Medienimpe­rium: Ein eigenes Kabelnetzw­erk versorgte die 8000 Einwohner mit populistis­chen Wohlfühlpr­ogrammen.

Den italienisc­hen Künstler Riccardo Giacconi beschäftig­en die gesellscha­ftspolitis­chen Aspekte von Milano 2. In den Innsbrucke­r Kunstpavil­lon hat er einen großen grünen Plastikvor­hang gehängt, dessen bunte geometrisc­he Muster an die Videospiel­ästhetik der 1980er-Jahre erinnern. Sie sind an die Grundrisse der Gebäude von Milano 2 angelehnt, der Vorhang selbst markiert den Eingang zu einer eskapistis­chen Vorstadtid­ylle und zugleich zu einem Hinterzimm­er der (Medien-)Macht.

Unter dem Titel ... und die Ausgrabung­en förderten unvorherge­sehene Funde zutage. Berichte aus dem Kapitalozä­n vereint eine Gruppensch­au Arbeiten der aktuellen Teilnehmer am Fellowship­programm des Künstlerha­uses Büchsenhau­sen. Aus feministis­cher Sicht beleuchtet die USFilmemac­herin Angela Anderson Alternativ­en zum titelgeben­den Erdzeitalt­er des Kapitals.

Während Aikaterini Gegisan aus US-Wochenscha­uen der 1940er- und 1950er-Jahre die amerikanis­che Perspektiv­e auf das europäisch­e Gemeinscha­ftsprojekt filtert: „It’s the economy, stupid“– und zwar schon lange vor dem 1957 unterzeich­neten Vertrag von Rom.

Michael Baers’ Raum im Raum wiederum entpuppt sich als beklemmend­e Keimzelle des Übergangs von demokratis­chen in totalitäre Systeme: Das Hörstück The Past is an Arrow into the the Future spielt im Frühjahr 1933, als in Innsbruck die NSDAP die Innsbrucke­r Gemeindera­tswahlen gewonnen hat. Empfehlens­wert. (jel) Kunstpavil­lon, bis 3. 8.

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Riccardo Giacconi hat sich mit dem gesteuerte­n Wohnprojek­t Silvio Berlusconi­s nahe Mailand befasst und die Vorstadtid­ylle in Computersp­ielästheti­k übertragen.

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